Die CDU über Rassismus, Integration und Rechts(extremismus)

Ein Beitrag von Luisa Altegoer vom 31. Juli 2021

In Hinblick auf die Bundestagswahl im September wollte unser Bündnis wissen, wie die verschiedenen Parteien zu den Themen Rechts, Rassismus und Integration stehen bzw. wie sie sich bei diesen Themen engagieren. Hierfür hat sich eine Arbeitsgruppe aus den drei jungen Studentinnen Alicia Benning, Hannah Hortlik und Luisa Altegoer gebildet. Sie haben mit allen demokratischen Parteien, die im Rat der Stadt Dorsten vertreten sind, ein Interview geführt. In den kommenden Beiträgen sollen nun die Kernaussagen dieser Gespräche vorgestellt werden. Die Reihenfolge der Veröffentlichung stellt hierbei keine politischen Präferenzen dar, sondern orientiert sich lediglich an den Zeitpunkten der einzelnen Interviews. Was ist den Parteien wichtig, wofür setzen sie sich ein? Machen Sie sich selbst ein Bild!

Das zweite Gespräch haben wir mit der CDU geführt. Unsere Interviewpartner waren der Fraktionsvorsitzende Bernd-Josef Schwane und der Stadtverbandsvorsitzende Ludger Föcker.

Rassismus sei ein weiter Begriff mit einer langen Geschichte. Jede Einordnung von Menschen in verschiedene Gruppen aufgrund ihrer Abstammung sei unangemessen und nicht tragbar . Vor allem dann, wenn diese Einordnung in Radikalismus oder Extremismus übergehe oder gar furchtbare Ausformungen wie im Nationalsozialismus annehme. Anders als zu NS-Zeiten gäbe es heute in Deutschland keinen Rassismus, der von staatlicher Seite ausgehe. Dieser äußere sich heute vielmehr im privaten Bereich und beginne dort häufig bereits mit Kleinigkeiten. Rassismus habe es schon immer gegeben und werde es leider wohl auch immer geben; in den letzten Jahren habe er zudem stark zugenommen. Dieser Entwicklung müsse konsequent entgegengewirkt werden: Wenn z.B. abfällig über jemanden geredet werde, müsse direkt eingegriffen werden, dies habe auch etwas mit Engagement und Zivilcourage zu tun. „Man muss Flagge zeigen!“

Bei Strukturellem Rassismus handelt es sich um eine Form des Rassismus, welche von Institutionen der Gesellschaft, von ihren Gesetzen, Normen und ihrer internen Logik ausgeht, unabhängig davon, ob die institutionellen Akteur:innen absichtsvoll handeln oder nicht[1].  Der Begriff wurde den Gesprächspartnern erläutert, bevor mit den Fragen fortgefahren wurde. Unsere Interviewpartner waren der Meinung, dass struktureller Rassismus z.B. in der Dorstener Stadtverwaltung nicht existiere, da dieser dem Antidiskriminierungsgesetz widerspreche. Auch auf Bundesebene würden rassistische Strukturen zunehmend abgebaut, z.B. dürften mittlerweile auch Soldat:innen mit Migrationshintergrund bei der Bundeswehr die Offizierslaufbahn anstreben. Natürlich dürfe es kein Racial Profiling[2] geben, dieses entstehe jedoch dadurch, wenn Polizist:innen vermehrt negative Erfahrungen mit ausländischen Straftäter:innen machten. Infolgedessen würden sie dann häufig z.B. ausländisch gelesene Personen kritischer betrachten. Man müsse zwischen Kommunal-, Landes- und Bundesebene unterscheiden; die Hauptverantwortung liege auf Bundesebene. Die kommunalpolitischen Möglichkeiten seien beschränkt, jedoch sei klar, dass im Fall rassistischer Äußerungen oder Handlungen z.B. im Stadtrat alle demokratischen Parteien direkt entgegentreten würden. Auf Kommunalebene gebe es verschiedene politische Organe zur Unterstützung von Minderheiten, z.B. ein Migrationskonzept oder den Integrationsrat. Es sei jedoch wichtig schrittweise vorzugehen: Wenn sich konkrete Anlässe ergeben, könne man hierzu Veranstaltungen organisieren. Sehr wichtig sei es, in den Schulen Aufklärungsarbeit zu leisten und frühzeitig zu sensibilisieren; die Verantwortung hierfür läge jedoch auf Landesebene. Außerdem sei die bloße finanzielle Unterstützung von Projekten nicht ausreichend, sondern die Bürger:innen müssten mit einbezogen werden.

In der Bekämpfung von Rassismus spiele Integration eine wichtige Rolle. „Menschen, die hier leben wollen und dürfen, sollen hier auch die gleichen Chancen haben.“ Integration sei jedoch keine Einbahnstraße, sondern beide Seiten müssten aufeinander zugehen. Es sei wichtig, mit den Migrant:innen ins Gespräch zu kommen. Die Bereitschaft hierzu sei manchmal jedoch nicht ausgeprägt genug. Ein weiteres Hindernis stellten sprachliche Barrieren dar. „Es geht nicht darum, dass die Menschen ihre Identität aufgeben sollen, wichtig sei jedoch, dass sie die deutsche Sprache erlernen“. Migrant:innen mit einem höheren Bildungsstand zeigten häufig eine höhere Integrationsbereitschaft. Es sei problematisch, wenn kein Interesse am Lernen bestehe und der Antrieb fehle – sowohl bei Migrant:innen wie auch bei Deutschen. Bei Kindern und Jugendlichen fehle oft die elterliche Unterstützung – hier habe jedoch z.B. das Jugendamt die Möglichkeit zur Unterstützung durch Erziehungshilfen an den Schulen.

Auch wenn die politische Verantwortung v.a. auf Bundes- und Landesebene liege, gäbe es auf kommunaler Ebene Möglichkeiten des Mitwirkens. So können Bürgerinnen in Stadtteilkonferenzen weiter mitbestimmen. In diesen können Bürger:innen selbst Projekte bestimmen, welche mit einem bestimmten Budget finanziell unterstützt werden können. Würden hier Integrationsprojekte eingebracht, könnten auch diese finanziell unterstützt und umgesetzt werden.

In Dorsten wohnt ein Großteil der Migrant:innen zentriert in wenigen Stadtteilen, z.B. Wulfen, Hervest und Altstadt, zudem sind die Wohnungen häufig in einem schlechten Zustand. Dies liege v.a. an den Mietpreisen für diese Wohnungen. Hierfür müssten zukünftig Lösungen gefunden werden. Beim Thema Integration kam das Gespräch auch auf die Zusammensetzung des Stadtrats. Die städtische Diversität wird gegenwärtig im Stadtrat nicht abgebildet. Das gilt nicht nur für den Ausländeranteil, sondern auch für den Frauenanteil unter den Mandatsträgern. Dies betrifft jedoch nicht nur die CDU-Fraktion, sondern alle Fraktionen. Grund hierfür könne die oftmals vorhandene familiäre (Doppel-)belastung sein, sodass Frauen häufig seltener bereit seien, sich ehrenamtlich politisch zu engagieren und z.B. ein politisches Amt im Stadtrat zu bekleiden, da ein politisches Ehrenamt zeitintensiv sei. Vor einigen Jahren habe es auch eine Frauenunion gegeben, diese habe sich jedoch aufgelöst und sei aktuell nicht mehr aktiv sei. Die CDU sei aber bestrebt den Zugang zu den Ämtern zu erleichtern und den Frauenanteil zu erhöhen, ein stärkeres Engagement weiblicher Mitglieder werde begrüßt: „Wir stehen mit offenen Armen da, natürlich auch für Frauen!“ Die aktiven Frauen engagierten sich in vielen politischen Gremien. Es werde nicht mehr differenziert zwischen „typischer Frauenarbeit“ und „typischer Männerparteienarbeit“.

Beim Thema Rechts ist es der CDU wichtig, zwischen einer rechten politischen Position und Rechtsextremismus zu differenzieren. Während Rechts zunächst lediglich eine konservative Position beschreibt, lehnt die CDU jede Form des Radikalismus und des Extremismus ab. Dies beziehe sich jedoch nicht nur auf das rechte Spektrum, sondern auf alle Formen des Radikalismus, wie z.B. auch linken oder religiösen Radikalismus und Fanatismus. Der Name unseres Bündnisses„Wir in Dorsten gegen Rechts“ würde unklar lassen, ob das Bündnis auch gegen Linksextremismus sei. Daher sei die CDU teilweise zurückhaltend, mit unserem Bündnis zusammenzuarbeiten. Engagement sei immer ehrenwert, unabhängig davon, ob die Personen links oder rechts bzw. konservativ seien. Rechtsextremismus sei zwar aktuell präsenter, jedoch fänden unsere Gesprächspartner es nicht gut, andere Formen des Extremismus so aus dem Blick zu lassen.

Unsere Interviewpartner sind überzeugt, nicht alle AfD-Wähler:innen seien rechtsradikal, sondern hätten auch andere Beweggründe, die AfD zu wählen, wie beispielsweise eine Enttäuschung über die Volksparteien. Die AfD wolle häufig nur provozieren. Es sei aber wichtig sich von dieser immer klar abzugrenzen. „Meine Fraktion und meine Leute werden niemals mit AfD‘lern zusammenarbeiten!“

Bezüglich politisch motivierter Straftaten und der Zunahme dieser sei es wichtig, dass der Staat wehrhaft bleibe, um diesen entgegenzutreten. Der Staat müsse „klare Kante“ zeigen und die Möglichkeit haben, gegen Radikalismus jeglicher Form konsequent vorzugehen. Häufig gebe es einen Zwiespalt zwischen dem Wunsch nach Aufklärung und Prävention von Straftaten auf der einen Seite und dem Pochen auf Datenschutz und Privatsphäre auf der anderen Seite.

Soziale Medien würden heute eine breite Plattform bieten, populistisches Gedankengut zu verbreiten. Die sozialen Medien befeuerten Hass und Konflikte. Auch die Berichterstattung z.B. der regionalen Zeitungshäuser habe sich in den letzten Jahren stark verändert, man sei zunehmend auf Aufmerksamkeit heischende Schlagzeilen aus. Ob eine solche Art der Berichterstattung möglicherweise Rassismus befeuert, können sie nicht beurteilen. Die Nationalität von Täter:innen solle jedoch in Berichten über Straftaten genannt werden – auch Deutsche würden Straftaten begehen, wenn jedoch ein Großteil der Straftaten von ausländischen Bürger:innen begangen werde, solle dies auch so berichtet werden.

Wir beendeten das Gespräch mit der Frage, wie die CDU auch in Zukunft gewährleisten will, dass – um Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen – es auch in Zukunft attraktiv bleibt, demokratische Parteien zu wählen.

Der CDU ist es wichtig, vorhandene Probleme und Wünsche der Bürger:innen zu erkennen und zu benennen und hierfür Lösungen anzubieten. Probleme müssten auf allen Ebenen angegangen werden – als politische Akteur:innen wie auch als Privatpersonen. Die Kommunalpolitik sei das letzte Glied in der Kette und habe daher nur einen eingeschränkten Handlungsspielraum (z.B. finanziell). Unsere Interviewpartner beteuern, vieles auch gerne anders machen zu wollen, hier jedoch von der Bundesebene her eingeschränkt zu sein. Es sei jedoch auch wichtig, sich auch bei Entscheidungen bzgl. Bundesgesetzen einzusetzen. „Wir wollen offene und ehrliche Politik machen. Wenn Probleme da sind, möchten wir jedem einzelnen Bürger helfen.“

Wir bedanken uns noch einmal bei Herrn Schwane und Herrn Föcker für dieses interessante Gespräch! Wir hoffen, Ihnen einige interessante Einblicke gegeben zu haben! Wenn Sie neugierig geworden sind, was die anderen Parteien in unseren Gesprächen gesagt haben, lesen Sie gerne auch unsere anderen Artikel!


[1] Sebastian Friedrich, Johanna Mohrfeldt: Alltägliche Ausnahmefälle – Zu Institutionellem Rassismus bei der Polizei und der Praxis des „Racial Profiling“. (Juli 2012)

[2] Der Begriff «Racial Profiling» bezeichnet alle Formen von diskriminierenden Personen- und Fahrzeugkontrollen gegenüber Personengruppen, welche von den Polizisten/-innen als ethnisch oder religiös «andersartig» wahrgenommen werden. (Quelle: www.humanrights.ch, abgerufen am 26.06.2021)

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