Bei unserem Bündnistreffen am 25.09.2023 hatten wir beschlossen, wieder vermehrt Präsenz auf dem Dorstener Marktplatz zu zeigen, da uns die wachsende Zustimmung zu den Rechtsextremen, was die die Wahlergebnisse in Bayern und Hessen bestätigen, sehr besorgt. Wir sehen dringenden Handlungsbedarf, auch in Dorsten, Demokratie, Menschenrechte und unser gemeinsames Europa zu verteidigen und die Anstrengungen gegen den Klimawandel unbedingt zu unterstützen.
Am Samstag, 7. Okt. 2023 waren wir erstmals wieder auf dem Marktplatz in Dorsten vertreten und hatten das Thema: „Nur Populisten leugnen den Klimawandel noch“ gewählt.
Eine Gruppe von Bündnismitgliedern diskutierte dies mithilfe gesammelter Fakten und anhand von Plakaten mit den Passant*innen.
Dabei war Resonanz der Dorstener*innen erfreulich gut. Es wurden viele Gespräche geführt, natürlich mit unterschiedlichen Ansichten. Das Thema menschengemachter Klimawandel beschäftigt die Menschen und wir konnten anhand einiger Beispiele aufzeigen, wie die Rechtsextremen und Populisten auch mit diesem Thema versuchen, unsere Demokratie zu schwächen.
Uns hat sich wieder gezeigt, wie wichtig es ist, auf die Menschen zuzugehen, mit ihnen zu diskutieren und den Populisten und Rechtsextremen das Feld nicht zu überlassen.
Unser nächste Marktpräsenz ist für das Lichterfest am Sonntag, den 05.11.2023, geplant.
Thema: “Demokratie – was sonst!?“
Die nächste Bündnissitzung ist am Montag, 23.10.2023, 18.00 – ca. 20.00 Uhr im Pfarrsaal Hl. Kreuz, Gräwingheide 14, 46282 Dorsten. Wir bitten aus organisatorischen Gründen um Anmeldung unter info@dorsten-gegen-rechts.de
Endlich war es soweit! Ich durfte an der feierlichen Siegelverleihung zur „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ an der Willy-Brandt Gesamtschule in Marl teilnehmen. Sie ist jetzt eine von über 1060 eines Netzwerkes von „Courage-Schulen“ in NRW, dem auch einige Schulen in Dorsten angehören.
Das es zur Siegelverleihung kam, ist dem Engagement einer Gruppe von Schüler*innen zu verdanken. Mit Feuereifer hatten sie sich daran gemacht die Idee und die Inhalte einer „Courage-Schule“ in der Schule zu verbreiten.
Es ging ihnen darum ein deutliches Zeichen gegen jede Art von Diskriminierung, Mobbing, Gewalt und Rassismus zu setzen und die Schulgemeinschaft zu stärken.
Um ihr Ziel „Courage-Schule“ zu erreichen war es notwendig, mindestens 70% der gesamten Schulgemeinschaft für diese Idee zu gewinnen. Mit zahlreichen Aktionen verbreiteten sie die Idee und sammelten schließlich 1011 Unterschriften. Jeder, der seine Unterschrift leistete, unterschrieb damit eine sogenannte „Selbstverpflichtung“:
Ich setze mich dafür ein, dass meine Schule nachhaltige Projekte, Aktionen und Veranstaltungen durchführt, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.
Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden, dann wende ich mich dagegen, spreche dies an und unterstütze eine offene Auseinandersetzung, damit wir gemeinsam Wege finden, einander respektvoll zu begegnen.
Ich bin aktiv, damit meine Schule jedes Jahr Projekte gegen alle Formen von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, durchführt. (schule-ohne-rassismus.org/netzwerk/courage-schulen)
Die „Selbstverpflichtung“ macht deutlich, dass der Titel „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ kein Preis oder eine Belohnung für vergangene Projekte darstellt, sondern die Verpflichtung beinhaltet, in Zukunft gegen Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Frauenfeindlichkeit und jegliche Formen von Diskriminierung aktiv vorzugehen.
So schrieben die Schüler*innen abschließend auf einem Plakat: „In unserer heutigen Zeit ist einfach kein Platz für so etwas, denn jeder Mensch ist auf seine eigene Art einzigartig und perfekt.“
Die Patin, Mona Ameziane, die für das Projekt gewonnen werden konnte, verkörpert in besonderer Weise dessen Inhalte.
Das Bündnis „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“ formuliert in seinen Grundsätzen ähnliche Vorstellungen. Zielt „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ zunächst auf die entsprechende Schulgemeinschaft mit der Hoffnung auf gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, so formt der Einsatz „für Toleranz und Demokratie, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ das Selbstverständnis von „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“. Das Handeln des Bündnisses ist sowohl „… auf ein demokratisches, solidarisches Miteinander in der Stadt Dorsten und darüber hinaus ausgerichtet…“.
Beide Initiativen „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“ und „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ verfolgen das Ziel die Aussagen des Grundgesetztes in lebendiges Handeln zu verwandeln.
Besuch der Ausstellung “Jüdische Stars im Sport 1933 und danach”
Ein Beitrag von Ruth und Wilfried Lange vom 10. Juni 2022
Eine Gruppe des Bündnisses „Wir in Dorsten gegen Rechts“ nahm das kostenlose Angebot der Stadtinfo Dorsten bzw. des Jüdischen Museums Westfalen in Dorsten gerne an und ließ sich von Barbara Seppi, Stadtinfo Dorsten, alles Wichtige zu dieser interessanten Ausstellung, auf einem einstündigen Rundgang sachkundig erklären.
Die Idee des Kurators, Dr. Henry Wahlig, Fußballmuseum Dortmund und Sportwissenschaftler, das Museum zu den Menschen vor Ort zu bringen, ist durch die lebensgroßen Figuren mit den Abbildungen und Lebenswege der Sportler*innen sehr gelungen.
Für die Bündnismitglieder war, wie Barbara Seppi sehr richtig einordnete, weniger der geschichtliche Zusammenhang der Verfolgung und teilweise Ermordung der verschiedenen für Deutschland so erfolgreichen Sportler*innen interessant, als vielmehr die Tatsache, dass ebendiese als Deutsche und für den deutschen Staat als Aushängeschilder benutzten (Halb-) Jüdinnen und Juden nach ihren Erfolgen völlig aus der Historie des Deutschen Sports und unseres Landes verschwanden. Sehr deutlich wird dies, z.B., durch die Geschichte Walther Bensemanns, der den nach Deutschland brachte. Er war Mitbegründer vieler Fußballvereine, des DFB und der bekannten Fußballzeitung „Der Kicker“ (1920). Sein Name fand seinen verdienten Platz in der Geschichte des Fußballs jedoch erst über seine 2003 als lesenswertes Buch erschienene Biographie.
Die sehenswerte Ausstellung ist noch bis einschließlich Montag, 13.06.2022 zwischen Recklinghäuser Tor und Jüdischem Museum aufgebaut und aufgrund der ausführlichen Beschreibungen auf den Rückseiten der lebensgroßen Fotos der Sportler*innen sehr informativ.
Hinweis auf eine Publikation der Bundesanstalt für Politische Bildung: Die Broschüre kann dort erworben oder als PDF heruntergeladen werden:
Wie immer vor Wahlen haben wir uns auch zur Landtagswahl vorgenommen, möglichst viele Wähler*innen zur Stimmabgabe zu motivieren. Unser Ziel ist und bleibt, die AfD möglichst aus der politischen Landschaft verschwinden zu lassen. Momentan weisen die Umfragen auf geringe Verluste für diese rechts(extreme) Partei hin. Diese Verluste reichen jedoch nicht aus, sie aus dem Landtag zu verbannen. Daher dürfen wir, die wir für unsere Demokratie und für ein freies und geeintes Europa kämpfen, uns nicht zufrieden geben.
Unser Bündnis ist nach wie vor sehr angewiesen auf Deine Unterstützung und Deine aktive Mitarbeit und darauf, dass du “Haltung zeigst” gegen Rechts und für Toleranz, Respekt und Vielfalt.
Seit Samstag, dem 09.04.2022, 11.00 – 13.00 Uhr, stehen wir bis einschließlich 14.05.2022 an jedem Samstag für unsere Werte, unsere Ziele und unsere Demokratie am “Alten Rathaus”, Markt 1 in Dorsten. Wenn dein Demokratieverständnis und deine politische Idee mit unseren Vorstellungen übereinstimmt, dann sei dabei und versuche mit uns möglichst viele Dorstener*innen auch davon zu überzeugen.
Vom 13.03.-24.03.2022 fanden die jährlich wiederkehrenden Wochen gegen Rassismus, initiiert und organisiert durch die Stiftung gegen Rassismus, unter dem Motto “Haltung zeigen” statt. Unser Bündnis hatte entschieden, keine eigenen Aktionen zu organisieren, sondern andere Veranstalter zu unterstützen. So kam es bei zwei Projekten zu einer intensiven und sehr guten Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Petrinum, Dorsten. Für die “Wäscheleine” der Schule gegen Rassismus steuerten wir selbstbedruckte “Wäsche” bei. Die öffentliche Lesung am 22. März im Schaufenster der “Dorstener Arbeit” war für die Schülerinnen und für uns ein neues Format, das aber allen Beteiligten viel Freude und auch den Passant*innen, die für ein paar Minuten zuhörten, interessante Literatur zum Thema Rassismus näher gebracht hat.
Darmstadt, den 27.03.2022
Pressemitteilung der Stiftung gegen Rassismus
„Beeindruckendes Engagement für eine friedliche und menschenfreundliche Gesellschaft“
UN-Wochen gegen Rassismus setzen Zeichen gegen Gewalt, Hass und Ausgrenzung
“Ob Schulen oder Polizei, Sport oder Religionsgemeinden: Trotz schwieriger Planungsbedingungen durch die Corona-Pandemie verzeichneten die diesjährigen UN-Wochen gegen Rassismus eine hohe Beteiligung. Über 2.100 Veranstaltungen – so viele wie noch nie – setzten unter dem diesjährigen Motto „Haltung zeigen“ vielfältige und bunte Zeichen gegen Gewalt, Hass und Ausgrenzung. „Das ist ein beeindruckendes Engagement für eine friedliche und menschenfreundliche Gesellschaft“, äußert sich der Vorstand der Stiftung gegen Rassismus, Jürgen Micksch. Teilnehmende waren froh darüber, wieder verstärkt vor Ort in persönlichen Kontakt und Austausch zu kommen. Angesichts des Krieges in der Ukraine hebt Micksch hervor: „Gerade jetzt war und ist es wichtig gemeinsam Haltung zu zeigen für ein friedliches Miteinander, für die Solidarität mit Geflüchteten gleich welcher Herkunft und gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung.“
In diesem Jahr fanden wieder viele digitale Veranstaltungen und Aktivitäten in den sozialen Medien statt, wie etwa die Aktion „Meet a Cop – Gespräche mit der Polizei“ oder auch Vorträge, Workshops und Lesungen. Vor Ort gab es viele kreative Aktionen wie etwa Poetry-Slams, Malaktionen für Kinder, Selfie-Aktionen, Graffiti-Workshops gegen Rassismus, Friedenskundgebungen oder Kreidebotschaften auf öffentlichen Plätzen. Erstmals hat die neueAntirassismus Beauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, mit großem Engagement an Veranstaltungen mitgewirkt.
Hinzu kamen über 1.800 Aktivitäten von Religionsgemeinschaften, darunter 1.700 Freitagsgebete zur Überwindung von Rassismus. Insgesamt neun Religionsgemeinschaften luden sich bei den zentralen religiösen Feiern in Köln gegenseitig zu Freitagsgeben, Sabbatfeiern, Gottesdiensten und Zeremonien ein und betonten, dass sich Rassismus und Gewalt mit den Werten von Religionen nicht vereinbaren lassen.
Eine große Ausstrahlung hatte es, dass die Eintracht Frankfurt mit fast 100.000 Mitgliedern der diesjährige Botschafter der UN-Wochen gegen Rassismus war. Es gab ein großes Engagement im Sportbereich: Gemeinsam riefen der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die DFL Stiftung, die Deutsche Sportjugend im DOSB (dsj), Eintracht Frankfurt und die Stiftung gegen Rassismus dazu auf, im Rahmen der UN-Wochen Sportveranstaltungen durchzuführen und mit Sport und Bewegung in der Gruppe oder einzeln die Botschaft zu verbreiten: Wir stehen zusammen – gegen Rassismus und für 100% Menschenwürde. Sky Sport unterstützte die Bemühungen mit einem besonderen Thementag, in dem Betroffene und Verantwortliche zum Internationalen Tag gegen Rassismus in verschiedenen Formaten diskutierten. Peter Fischer, Präsident von Eintracht Frankfurt, betont: „Der Sport ist ein verbindendes, integratives Element in unserer Gesellschaft. Wir können nur erfolgreich sein, wenn auf und neben dem Platz Herkunft, Hautfarbe oder Religion keine Rolle spielen. Dafür zeigen wir aus Überzeugung klare Kante.“ ,,,
… Eine Dokumentation der Aktionswochen wird Anfang Juli veröffentlicht. Die Stiftung beginnt nun mit den Planungen für die UN-Wochen um den 21. März 2023. Die nächste Planungstagung wird am 19. September 2022 in der Katholischen Akademie in Mainz stattfinden.
In Hinblick auf die Bundestagswahl im September wollte unser Bündnis wissen, wie die verschiedenen Parteien zu den Themen Rechts, Rassismus und Integration stehen bzw. wie sie sich bei diesen Themen engagieren. Hierfür hat sich eine Arbeitsgruppe aus den drei jungen Studentinnen Alicia Benning, Hannah Hortlik und Luisa Altegoer gebildet. Sie haben mit allen demokratischen Parteien, die im Rat der Stadt Dorsten vertreten sind, ein Interview geführt. In den kommenden Beiträgen sollen nun die Kernaussagen dieser Gespräche vorgestellt werden. Die Reihenfolge der Veröffentlichung stellt hierbei keine politischen Präferenzen dar, sondern orientiert sich lediglich an den Zeitpunkten der einzelnen Interviews. Was ist den Parteien wichtig, wofür setzen sie sich ein? Machen Sie sich selbst ein Bild!
Das nächste Gespräch haben wir mit der LINKEN geführt und hierfür mit Lisa Ellermann und Wilhelm Zachraj gesprochen. Lisa Ellermann ist für die kommende Bundestagswahl die Direktkandidatin des Wahlkreises Dorsten, Bottrop und Gladbeck und Wilhelm Zachraj der Fraktionsvorsitzende im Stadtrat.
Unsere Gesprächspartner:innen definieren Rassismus als eine strukturelle Diskriminierung von Minderheiten, welche rein auf ihre ‚Rasse‘ reduziert würden; es würde versucht, Personen in ‚Rassen‘ einzuordnen, was jedoch völliger Unsinn sei. Es gebe überall Rassismus, dies beginne häufig schon im Kindergarten. Dies läge jedoch nicht an den Kindern, sondern an den Eltern, die ihren Kindern solche rassistischen Überzeugungen mitgeben würden. Ellermann erzählt, für sie sei Rassismus schwer zu erklären und nicht verständlich, sie sei anders erzogen worden und habe nie zwischen Menschen unterschieden. Die Befragten positionieren sich ganz klar gegen Rassismus und Ellermann betont: „Ich persönlich bin auch strikt gegen das Denken innerhalb von Rassen – wir sind alle Menschen. Wenn ich mitbekomme, dass jemand Rassismus erfährt, gehe ich gerne dazwischen und stehe als erste auf.“
Die Situation in der Bundesrepublik trage zur Entstehung von Rassismus bei. Es gebe viele ‚Verlierer‘ – Personen, die arbeitslos seien oder andere Probleme hätten. Diese würden nach Schuldigen für ihre eigene Situation suchen und sich hierfür meist die Schwächsten der Gesellschaft suchen, welche häufig Geflüchtete seien. Außerdem werde Rassismus dadurch aufrechterhalten, dass aufgeschnappte Vorurteile weiterverbreitet und verallgemeinert würden. Man könne nur dagegenwirken, wenn man, sobald man so etwas bemerke, statt zu schweigen direkt aufstehe und dagegenhalte. Es seien nicht Geflüchtete, die alles schlecht machten, die Probleme habe es vorher schon gegeben. Die Politik habe die Verantwortung, die sozialen Fragen zu beantworten und müsse hart und öffentlich gegen Rassismus arbeiten; dies geschehe jedoch leider zu selten. Führende Politiker:innen trügen zu dem Problem bei, manche Aussagen von Minister:innen oder von Bundestagsmitgliedern würden bekannte Vorurteile schüren und die Situation verschlechtern.
Neben Alltagsrassismus gebe es in Dorsten auch strukturellen Rassismus, z.B. bei der Polizei. Es sei jedoch wichtig zu differenzieren: Es gebe strukturellen Rassismus bei der Polizei, deswegen sei jedoch nicht jede:r Polizist:in rassistisch. Gefährlich werde es jedoch, wenn Personen, welche ein Machtmonopol innehätten, rassistisch sprechen und handeln würden.
Zachraj berichtet von einer syrischen Familie in Barkenberg, die er selbst betreue. Dort würde er sehen, welche Probleme diese hätten. Unsere Gegenüber fordern, in Deutschland, insbesondere aber auch in Dorsten müsse mehr für die Integration Geflüchteter getan werden. Dies könne neben der Schule auch durch Hobbies oder Sport geschehen. Es müsse mehr Sozialarbeit passieren. Es reiche nicht aus, Kindern das Rechnen beizubringen, Kinder hätten vielfältige Bedürfnisse. Wenn jemand sich rassistisch äußere oder handle, müsse man die Person darauf aufmerksam machen – häufig geschehe dies unbewusst und wenn man die Personen darauf hinweise, könnten sie daraus lernen. Außerdem müssten rassistische Vorfälle öffentlich gemacht werden.
Auf Kommunalebene sei der Handlungsspielraum bezüglich vieler Probleme begrenzt, hier müssten sich auf Bundesebene Gesetze verändern: Die Rechte von Minderheiten müssten geschützt werden und ein neutraler Untersuchungsausschuss zur Untersuchung rechter Organisationen etabliert werden. Das Thema Rassismus müsse dauerhaft in der Öffentlichkeit besprochen werden, damit es aktuell bleibe und auch von nicht betroffenen Mitbürger:innen nicht vergessen werde. Dorsten bräuchte mehr Sozialarbeit und mehr Integration für Familien, auch sollten zukünftig z.B. muslimische Beisetzungen gestattet werden. Das Nachhilfe-Angebot für geflüchtete Kinder sei hingegen schon sehr vielfältig und gut.
Bei Integration ginge es nicht nur um Menschen mit Migrationshintergrund, sondern um jeden Menschen, der in eine Gesellschaft aufgenommen werde. Integration geschehe an allen Stellen, es gehe darum, eine:n Dazukommende:n offen aufzunehmen und freundlich zu begrüßen und ihm:ihr nicht abweisend gegenüber zu stehen.
Es müssten Möglichkeiten geschaffen werden, dass Kinder in Schulen leicht(er) Hilfe bekommen. Kindern und Jugendlichen müsse eine leichtere Integration in den Schulen ermöglicht werden, aber auch neben der Schule müssten Kontaktpunkte geschaffen werden. Solche Angebote müssten auch in Corona-Zeiten geschaffen werden. Ein Kulturaustausch sei für alle Beteiligten bereichernd. Vorurteile ließen sich am besten im direkten Gespräch abbauen, regelmäßige Infostände würden hierfür eine Gesprächsplattform bieten – diese hätte es aufgrund von Corona in letzter Zeit leider weniger gegeben. Jedoch würde die LINKE auch auf ihrer Homepage und auf Facebook regelmäßig Themen wie Integration oder Rassismus aufgreifen. Einige Parteimitglieder engagieren sich auch in unserem Bündnis, außerdem habe die Partei z.B. mehrfach in Barkenberg an einem Spielplatz ein Sommerfest organisiert, welches auch zum Austausch angeregt habe. Bezüglich des Integrationsrats sehen unsere Gesprächspartner:innen noch Verbesserungsbedarf – dieser habe für die Verwaltung und eine Mehrheit des Rats leider nicht die Bedeutung, die ihm zukommen müsste.
Angesprochen auf die Diversität der Stadt Dorsten und ihrer Verwaltung sagen unsere Gegenüber, von Menschen mit Migrationshintergrund wüssten sie nichts. Die LINKE setze sich jedoch dafür ein, die Diversität zu erhöhen, auch bezüglich des Frauenanteils in der Politik. Sie selbst hätten eine weibliche Doppelspitze, ihre Liste sei paritätisch gestaltet, sprich die Hälfte der Plätze sei mit Frauen besetzt. Frauen würden sich in ihrer Partei wohlfühlen, da feministische Politik offen gestaltet werden könne. Sie wünschen sich eine höhere Diversität, sobald Menschen bereit seien, sich zu engagieren, sei dies jederzeit und immer möglich.
Die Befragten beschreiben Personen, die im rechten Spektrum aktiv sind, als rassistisch, homophob und sexistisch. Rechts gehe immer gegen andere Menschen und Minderheiten und stehe für Demokratiefeindlichkeit. In der Konfrontation mit Rechten müsse man immer freundlich und sachlich bleiben, bei diskriminierenden Aussagen müsse ein Gespräch aber unterbrochen werden, da dies dann zu nichts führen würde. Wenn rechte Aussagen getätigt werden, müsse man klar gegen diese eintreten. Bei schwankenden Wähler:innen könne es helfen, zum Nachdenken anregende Fragen zu stellen, um diese zum Umdenken zu bringen. Die Arbeit an Infoständen sei gut geeignet, um Bürger:innen aufzuklären und in den Dialog zu kommen. Aber auch zur Verfügung stehende Medien müssten genutzt werden, z.B. könnte auf Social Media auf bestimmte Themen aufmerksam gemacht werden. Insbesondere junge Menschen, die diese viel nutzten, könnten hierüber gut erreicht werden.
Auch auf Bundesebene müsse mehr gegen Akteure des rechten Spektrums unternommen werden, so forderten unsere Gegenüber z.B. die Freigabe der NSU-Akten oder das Verbot neonazistischer Organisationen. Neonazistische Veranstaltungen und Treffen oder auch rechte Festivals sollten konsequenter verboten werden. Verbote für die rechte Szene seien wichtig, dies stehe so auch im Grundgesetz. Ein grundsätzliches Verbot demokratiefeindlicher Parteien sei jedoch nicht der richtige Weg. Würde man alles verbieten, würden bestimmte Dinge im Untergrund geschehen. So habe man besser im Blick, was passiere. Unsere Gesprächspartner:innen bezweifeln, dass die gesamte AfD faschistisch sei, die faschistischen Teile der Partei müssten jedoch klar verboten werden. Wie man die Zustimmung für solche Parteien bekämpfen könne, sei eine schwierige Frage. Schaue man sich jedoch z.B. die Arbeit der AfD-Fraktion im Stadtrat an, sei dies auf gewisse Weise auch selbsterklärend – die Fraktion würde sich dort schon sehr gut lächerlich machen. Um wankende Wähler:innen zu überzeugen, könne es manchmal auch schon reichen, sie mit Zitaten der AfD zu konfrontieren. Da gebe es ausreichend Zitate, die z.B. klar homophob oder sexistisch seien. Die Menschen würden dies häufig gar nicht mitbekommen, würden sie diese dann aber lesen oder hören, würde das oft schon ausreichen. Man dürfe die Menschen nicht manipulieren, sondern man müsse sie überzeugen. Den einen goldenen Weg gebe es da nicht, aber man müsse Gespräche führen, aufklären, informieren.
Bezüglich der Berichterstattung in den Medien sieht Herr Zachraj ein Ungleichgewicht, die Dorstener Zeitung sei überrepräsentierend, was Aktivitäten der AfD angehe. Hier wünsche er sich, dass ähnlich viel über die Aktivitäten der Dorstener LINKEN berichtet werde. Wenn es um Straftaten gehe, sei es für Journalist:innen häufig sehr wichtig, die Hautfarbe oder Herkunft von Täter:innen zu nennen. Z.B. habe beim Messerangriff in Würzburg (25.06.2021) ein hoher Fokus auf der Herkunft des somalischen Täters gelegen, während seine psychische Erkrankung stark in den Hintergrund getreten sei. Bei dem Anschlag von Hanau (19.02.2020), wo der psychisch erkrankte Täter Deutscher war, sei es genau andersherum gewesen. Hinsichtlich der Berichterstattung und des Diskurses in den sozialen Netzwerken stellen unsere Gegenüber fest, dass viele Menschen die Anonymität des Internets zu sehr genießen würden. Diskussionen im Internet könne man leider nicht gewinnen.
Ein Anstieg politisch motivierter Straftaten sei zu merken, dies würde auch etwas ängstlich stimmen. Hiervon dürfe man sich aber nicht einschüchtern lassen. Auch hier müsse mehr auf bundespolitischer Ebene geschehen, auch wenn die Strafverfolgung teils durch die Anonymität des Internets erschwert sei. Minderheiten müssten aber besser geschützt werden. Außerdem bedürfe es neutraler Untersuchungsausschüsse, um z.B. sogenannte „Einzelfälle“ bei der Polizei aufzuklären. Es sei wichtig hinzuschauen.
Wir beendeten das Gespräch mit der Frage, wie die LINKE gewährleisten will, dass – um Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen – es auch in Zukunft attraktiv bleibt, demokratische Parteien zu wählen.
Unsere Gesprächspartner:innen weisen auf die vielen Alleinstellungsmerkmale der LINKEN hin. Mit ihrer Sozial-, Umwelt, Wirtschafts- und Friedenspolitik hätten sie ein breites Angebot, was unbestechlich und unübertroffen sei. Auch mit ihren grünen Angeboten und Zielen auf Kommunalebene seien sie z.B. weiter als die Grünen. Dieses Angebot mache es attraktiv, die Partei zu wählen. Das Wichtigste sei jedoch nicht das Mitwirken in einer bestimmten Partei, sondern generell politisch aktiv und engagiert zu sein. Hierfür müsse der Weg zur Politik attraktiv gemacht werden. Wenn Politik ordentlich vermittelt würde, sei der Weg zu demokratischer Politik geebnet. Zum Abschluss des Gesprächs betont Lisa Ellermann: „Ich möchte jungen Menschen eine Stimme geben und ihnen zeigen, dass auch junge Menschen einen Weg in der Politik finden können.“
Wir bedanken uns noch einmal bei der LINKEN für dieses aufschlussreiche Gespräch! Wir hoffen, Ihnen einige interessante Einblicke gegeben zu haben! Wenn Sie neugierig geworden sind, was die anderen Parteien in unseren Gesprächen gesagt haben, lesen Sie gerne auch unsere anderen Artikel!
In Hinblick auf die Bundestagswahl im September wollte unser Bündnis wissen, wie die verschiedenen Parteien zu den Themen Rechts, Rassismus und Integration stehen bzw. wie sie sich bei diesen Themen engagieren. Hierfür hat sich eine Arbeitsgruppe aus den drei jungen Studentinnen Alicia Benning, Hannah Hortlik und Luisa Altegoer gebildet. Sie haben mit allen demokratischen Parteien, die im Rat der Stadt Dorsten vertreten sind, ein Interview geführt. In den kommenden Beiträgen sollen nun die Kernaussagen dieser Gespräche vorgestellt werden. Die Reihenfolge der Veröffentlichung stellt hierbei keine politischen Präferenzen dar, sondern orientiert sich lediglich an den Zeitpunkten der einzelnen Interviews. Was ist den Parteien wichtig, wofür setzen sie sich ein? Machen Sie sich selbst ein Bild!
Das fünfte Gespräch haben wir mit der FDP geführt. Unsere Interviewpartner waren Lutz Ludwig und Thomas Boos. Ludwig sitzt für die Dorstener FDP im Stadtrat, Boos ist Stadtverbandsvorsitzender und sitzt im Ruhrparlament[1].
Die deutsche Gesellschaft sei keine rassistische Gesellschaft, es gebe jedoch Alltagsrassismus und dieser sei maßgeblich und sehr gefährlich. Er entstehe aus Vorbehalten und sei zum Teil soziologisch erklärbar: Menschen hätten Ressentiments und Ängste; diese Faktoren würden da mithineinfließen, hier müsse die Gesellschaft achtgeben, dass sie sich nicht in eine Schieflage bewege. Hier müsse man aufpassen und an jeder Stelle dagegen vorgehen, auch „kleinere“ Delikte dürften nicht hingenommen werden wie z.B. Schmierereien von Hakenkreuzen oder wie es sie jüngst auch an der Dorstener Respekttafel gab. Rassismus äußere sich nicht immer offen in Beleidigungen, häufig seien es unbedachte Aussagen oder Handlungen, dies mache es für die betroffenen Personen jedoch nicht besser. Insbesondere seit 2015 seien Migrant:innen wieder stärker betroffen. Unsere Gesprächspartner betonen, dass für sie das Thema immer oben auf der Agenda stehe, egal ob im privaten oder politischen Umfeld. Wann immer so etwas zu tragen komme, würden sie als liberale Partei stets und ständig dagegen angehen.
Auch im Städtebau müsse das Thema mitgedacht werden, hier müssten die Menschen mehr integriert werden. Es sei wichtig, auf verschiedenen Ebenen gegen Rassismus vorzugehen. Das Thema müsse im Rat thematisiert werden und in sozialen Medien wie Facebook; es brauche Gesprächskreise und Aktionen, auch das Engagement z.B. in unserem Bündnis sei wichtig. Boos kritisiert, Ressentiments würde zu viel Raum gegeben. Stattdessen müsse man klare Grenzen aufziehen. Als Beispiel berichtet Boos von einer Szene, die sich im Ruhrparlament ereignet habe. Ein Redner der AfD habe davon gesprochen, das Ruhrgebiet habe ein Problem mit Ausländern. Er könne dieser Person nicht das Rederecht entziehen, umgekehrt habe er jedoch genauso das Recht zu gehen und sich dies nicht anzuhören zu müssen. Er sei aufgestanden und gegangen, um deutlich zu machen, solchen Personen keinen Raum geben zu wollen. Verglichen mit anderen AfD’lern halte es sich noch in Grenzen, jedoch habe die Dorstener AfD gerade wirre Gedanken und keine der im Rat vertretenen Personen sei eine Ansprechperson. Im Dorstener Rat werde die AfD gerade oft beschimpft, dies bringe jedoch nichts. Man müsse die Personen inhaltlich stellen, dort würde die Partei ausreichend Angriffsfläche bieten. Es sei wichtig zu unterscheiden, dass man kein Problem mit der Person persönlich habe, man für konstruktive Gespräche jedoch nicht bereit sei, solange die Person zu einer Partei gehöre, die sich nicht klar von ihrem rechten Flügel distanziere. Es gehe nicht darum, die Menschen oder die Partei per se auszugrenzen, man müsse jedoch hinterfragen, was die Partei grundsätzlich vertrete. Klar sei, dass die Partei immer rechtslastiger geworden sei.
An manchen Stellen sehe es sicher so aus, als gebe es in Dorsten auch strukturellen Rassismus. Hier müsse man dann jedoch z.B. erst einmal mit der Verwaltung diskutieren, wie diese das wahrnehme. Dann könne man schauen, was getan werden müsse. Aber auch die FDP sei hier sicherlich nicht perfekt und würde gerne Vorschläge annehmen. Struktureller Rassismus entstehe häufig durch Vorbehalte, hier könne die Politik viel tun, z.B. indem sie selbst mit gutem Beispiel vorangehe. Bislang sei es nicht gelungen, deutlich zu machen, dass Deutschland eine offene Gesellschaft sei. Damit sei nicht eine ‚Multikulti-Gesellschaft‘ gemeint, sondern eine Gesellschaft, in der es egal sei, welches Geschlecht oder welche Herkunft jemand habe. Unsere Gesprächspartner erklären, sie selbst würden die Person und ihre Qualifikationen im relevanten Bereich betrachten. Es gehe nicht darum, dass jede:r einen akademischen Beruf ausübe, sondern dass jede:r so beschäftigt werde, wie er:sie qualifiziert sei. Sie interessierten sich nicht für die Herkunft einer Person, sondern für das Verhalten, Benehmen und die Sozialkompetenz einer Person. Dieses Denken müsse auch auf die Gesellschaft übertragen werden, dass nicht jede:r immer frage ‚Was macht der denn und wo kommt der her?‘, sondern dass jede:r erst einmal als Mensch betrachtet würde. Die Beschäftigung einer Person mit Migrationshintergrund dürfe auch nicht als Alibi verwendet werden unter dem Motto ‚Ich habe da aber jemanden, ich mache das schon gut.‘
Im Bereich der Bildung Jugendlicher und junger Erwachsener sei es oft ein Problem, den Kontakt zu den Familien herzustellen. Es stelle sich die Frage, inwieweit man hier dann in bestehende Familienstrukturen eingreifen würde; es gebe viele Familien, die sich abschirmten. Es sei ein Geben und Anbieten, aber eben auch ein bewusstes Nehmen. Hier müssten Ängste auf Seiten der Migrant:innen abgebaut werden. Schließlich sei es fundamental, im Bereich der Bildung zu beginnen. Es müsse egal sein, woher eine Person komme, welchen sozialen oder kulturellen Hintergrund sie habe. Für Dorsten sei eine „Talentschule“[2] beantragt worden. Bislang sei es so: ‚Gleiches zieht Gleiches an.‘; das sei normal, Menschen umgäben sich mit Menschen, die ähnlich dächten wie sie selbst. Hier sei es jedoch wichtig, dass die Menschen sich durchmischten.
Bislang würden Migrant:innen immer Fremde in unserer Gesellschaft bleiben. Auch wenn es um Gewalttaten gehe, sei die Herkunft egal und dürfe nicht so eine große Rolle spielen. Das Einwandern müsse gefördert und gestärkt werden. Im Ruhrgebiet gebe es das Programm ‚Welcome Ruhr‘, welches für eine offene Willkommenskultur werbe. Auch Freizeitangebote und Sport seien immer eine gute Möglichkeit, um Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Engagement sei fundamental wichtig. Am Ende sei es egal, wo Menschen sich engagierten. „Hauptsache, sie engagieren sich.“ Politisch müssten die Parteien Anträge z.B. für verschiedene Projekte in den Rat bringen. Unsere Gesprächspartner betonen, man müsse sich immer wieder die Frage stellen ‚Was können wir selbst noch besser machen?‘. Es sei auch immer interessant zu schauen, was die anderen Parteien unternehmen würden.
Was Diversität angehe, bestünde in Dorsten und im Dorstener Stadtrat noch Handlungsbedarf. Bei dem Thema Frauen sehe es schon etwas besser aus, aber auch hier beschränke die Veränderung sich häufig lediglich auf das Gendersternchen. Der FDP sei es jedoch wichtig zu sagen „Mann, Frau, egal, welches Geschlecht. Es geht vor allem um die Qualifikation.“ In den städtischen Organisationen gebe es auch Arbeitsgruppen, in denen bereits mehr Migrant:innen tätig seien, dies seien jedoch eher Strukturen von früher wie z.B. die Entsorgung. Generell sei noch relativ viel in alten Strukturen verfallen.
Bezüglich Integration sei nicht Assimilation das einzige Ziel, die Kultur der Migrant:innen solle beibehalten werden. Der Begriff Integration klinge häufig wie eine Unterordnung, dies solle er jedoch nicht. Unsere Gesprächspartner verstehen die Gesellschaft so, dass auch geschaut werden müsse, wer hier alles leben würde. Sprache sei ein wichtiger Aspekt, wer langfristig in Deutschland leben wolle, müsse die Sprache erlernen. Dies müsse man aber nur bei dauerhaften Aufenthalten erwarten. Auch wirtschaftliches Engagement sei sehr wichtig, Arbeit sei ein wesentlicher Integrationsfaktor, unabhängig von der Dauer des Aufenthalts. Nichtbeschäftigte Migrant:innen würden in der deutschen Bevölkerung häufig zu Unmut führen, es käme der Gedanke auf ‚Die hängen ja nur rum.‘ Dies sei jedoch oft nicht Schuld der Migrant:innen, sondern läge daran, dass diese nicht arbeiten dürften. Hier müsse mehr getan werden, die Menschen müssten teilhaben können. Grundsätzlich verstünde Deutschland sich mittlerweile als Einwanderungsland, die Prozesse dahinter seien jedoch gar nicht richtig definiert. Den Migrant:innen würden häufig keine ausreichenden Angebote gemacht, sich zu integrieren, die Sprache zu lernen oder zu arbeiten. Klar gebe es Angebote, häufig dauere es jedoch zu lang, bis die Personen diese nutzen könnten. Ludwig betont: „Für mich ist es das A und O, dass sprachlich zumindest der Alltag bewältigt werden kann.“
Politisch gesehen müssten die Prozesse deutlich klarer dargelegt und beschleunigt werden. Die Gesellschaft sei nicht aufgeklärt genug, hierdurch entstünden Ressentiments. Da müsse der Staat konsequenter sein, es brauche einen klaren, deutlichen Staat. Konkret fordere die FDP, Möglichkeiten zu schaffen, dass alle Menschen arbeiten können. Es müsse deutlich gemacht werden, dass Deutschland bezüglich Arbeit offen sei. Außerdem erklärt Boos: „Es gibt einen Asylbereich und wir müssen deutlich machen, dass dieser Staat für verfolgte Menschen offen ist.“ Es müsse klargemacht werden, auf welcher Rechtsgrundlage Menschen sich in diesem Land befinden würden. Mit Menschen, die nach Deutschland kommen, müssten klare Absprachen getroffen werden, welchen Aufenthaltsstatus diese innehätten. Der Status dieser Personen müsse klar sein, könne sich aber natürlich auch ändern. Man könne jedoch nicht einfach sagen „Du gehst jetzt wieder“, hier müssten dann Alternativen geschaffen werden. Es dürfe jedoch nicht nur um die Menschen gehen, die bereits in Deutschland angekommen sind: „Solche Geschichten, wie sie auf dem Mittelmeer stattfinden, dürfen einfach nicht passieren.“
In Dorsten habe die FDP aktuell keinen „klaren Fahrplan“ zur Unterstützung von Integration, dies hinge u.a. auch mit ihrer eher geringen Mitgliederzahl zusammen. Sie seien jedoch immer wieder in der Position, dass sie auf Projekte aufmerksam gemacht würden. Ihnen helfe es sehr, wenn z.B. unser Bündnis sie einlade und dann würden sie uns auch gerne unterstützen. Unsere Gesprächspartner berichten, sie würden auch bei verschiedenen Aktionen vorbeischauen, z.B. bei der Eröffnung der Moschee oder beim Zuckerfest. Aktuell handle es sich jedoch eher um persönliche Projekte. Den Integrationsrat sehen sie als Möglichkeit, sich gegenseitig Anregungen zu geben.
Gefragt nach der Bedeutung von Rechts erklärt Boos: „Die rechte politische Auffassung unterschiedet klar zwischen dem, der dazugehört, und dem, der nicht dazugehört – das ist, was für mich Rechts ausmacht. Das kann noch so verharmlosend klingen, aber wenn ich davon rede, ‚Wir oder die Anderen‘, da fängt für mich schon der erste Schritt an, wo die Linie überschritten wird.“ Rechts sei eine politische Richtung, die jedoch nicht ausschließlich ein deutsches, sondern ein weltweites Thema sei. Ludwig ergänzt: „Wenn wir in die Geschichte zurück gucken, ist der rechte Weg einer, der dramatischer nicht hätte sein können.“ Es gehe nicht nur um sprachliche Angriffe, sondern auch um körperliche bis hin zu Totschlag oder Mord. Rechts sei Ausgrenzung, die Nicht-Akzeptanz anderer, die politische Propaganda, bestimmte Menschengruppen auszuschließen, und Menschen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben. Wenn anderen das Recht auf die freie Entfaltung genommen werde, wie bei Rechtsextremismus, müsse der Staat als Beschützer eintreten. Während Linksextremismus v.a. eine nationalstaatliche, wirtschaftliche Dimension habe, gehe es im Rechtsextremismus v.a. um eine gesellschaftliche Dimension. Beide Formen des Extremismus seien in einem demokratischen liberalen Staat nicht akzeptabel.
Auf die Frage, wie sie Akteur:innen des rechten Spektrums begegnen würden, erklären unsere Gesprächspartner, menschlich gesehen würden sie diesen erst einmal offen gegenübertreten. Das Problem sei, dass zu erwarten sei, dass diese Akteur:innen nicht von ihrer Grundhaltung abweichen würden, bestimmte Menschengruppen auszugrenzen. Selbst wenn sachlich über ein bestimmtes Thema, welches scheinbar unabhängig von einer rechten Gesinnung sei, z.B. Straßenbau, geredet würde, wisse man, dass ein AfD-Mitglied eine rechte Grundhaltung habe; dann würde man mit dieser Person auch nicht über Straßenbau diskutieren. Man könne nicht verhindern, dass im Stadtrat die AfD FDP-Anträgen zustimme, man müsse jedoch deutlich machen, dass es sich hierbei nicht um eine gemeinsame Position handle. Dieses Problem habe es auch bei der Wahl in Thüringen[3] gegeben: Nicht die Wahl an sich sei problematisch gewesen, jedoch das Hinnehmen dieser; hier hätte man sich klar abgrenzen müssen. Man müsse den Wähler:innen deutlich machen, was sie durch die Wahl der AfD in Kauf nähmen. Würde die AfD mehr als zwanzig, dreißig oder gar vierzig Prozent bekommen, würden sie tatsächlich machen, was in ihrem Wahlprogramm stünde. Dies würde von vielen Wähler:innen erst einmal ignoriert. „Da, wo ich die [AfD] akzeptiere, akzeptiere ich auch die Schattenseite, die dunkle Seite der Macht.“ Ludwig betont, im Rat würde immer klar Position bezogen bei Anträgen der AfD. Man könne sich mit dieser nur inhaltlich beschäftigen, alles andere bleibe nicht legitim.
Um die Einstellungen in den Köpfen rechter Wähler:innen zu verändern, sei es wichtig, Antworten auf die Fragen der Menschen zu haben. Die Bürger:innen müssten klar wissen, wie die Parteien zu gewissen Themen stehen und dass es wichtig sei, sich das Ganze anzuschauen und nicht nur die Themen, die eine:n persönlich interessierten. Man müsse den Bürger:innen deutlich machen ‚Wofür stehe ich, wofür stehen die anderen?‘
Bezüglich der medialen Berichterstattung kritisieren unsere Gesprächspartner, die Überschriften von Artikeln würden häufiger nicht zum Text passen und inhaltlich von diesem abweichen. Häufig würden Dinge sehr drastisch dargestellt, hierbei handle es sich jedoch auch um ein Henne-Ei-Problem. Reißerische Überschriften würden in sozialen Netzwerken genutzt, damit die Artikel auf den Webseiten häufiger angeklickt würden (Clickbait). Darauf seien die Journalisten auch angewiesen, schließlich wollten auch sie Geld verdienen. Hier sei es schwierig, eine einheitliche Lösung zu finden. Unter Posts der Lokalpresse, lokaler Gruppen und von (Lokal-)Politiker:innen in sozialen Netzwerken finden sich in den Kommentarspalten zunehmend beleidigende und hetzerische Kommentare. Unsere Gesprächspartner kritisieren, die Anonymität des Internets werde häufig als Deckmantel genutzt. „Wenn ich etwas verbreiten will, dann muss ich das auch unter meinen Namen machen und dazu stehen. In dem Moment, in dem ich mich gesellschaftlich äußere, muss ich auch dazu stehen.“ Um solchen Kommentaren entgegenzuwirken, hätten sie jedoch keinen einheitlichen Fahrplan. Sie seien hin- und hergerissen, sich zu äußern oder solche Kommentare nicht weiter zu beachten, um ein Thema oder eine Diskussion nicht weiter zu befeuern.
Wir beendeten das Gespräch mit der Frage, wie die FPD gewährleisten wolle, dass – um Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen – es auch in Zukunft attraktiv bleibt, demokratische Parteien zu wählen.
„Wir müssen offen sein für die Partizipation der Bürger:innen an Entscheidungen.“ Die Menschen müssten spüren, dass alles mitaufgenommen werde, dass sie Einfluss hätten. Jede:r könne in die Partei rein, es gebe keinen ‚Inner Circle‘. Auf der politischen Seite brauche es manchmal mehr Ehrlichkeit; eine Partei regiere nicht allein, daher sei das Wahlprogramm am Ende nicht das Regierungsprogramm.
Das Wichtigste sei es, dass jede:r etwas mache. Dafür müsse man nicht Mitglied einer Partei sein, wichtig sei es, sich irgendwie zu engagieren. Durch Engagement lerne man andere Menschen kennen, hierdurch würden Ängste und Vorurteile abgebaut – hierdurch könnte auch das Auftreten rechter Probleme verhindert werden!
Wir bedanken uns noch einmal bei Herrn Ludwig und Herrn Boos für dieses interessante Gespräch! Wir hoffen, Ihnen einige interessante Einblicke gegeben zu haben! Wenn Sie neugierig geworden sind, was die anderen Parteien in unseren Gesprächen gesagt haben, lesen Sie gerne auch unsere anderen Artikel!
[1] Die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr ist das “Ruhrparlament” und damit die einzige demokratisch legitimierte und verlässliche regionale Klammer der Metropole Ruhr. Das Ruhrparlament ist Forum für alle Städte und Kreise der Region. Die kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen sowie die Kreise Ennepe-Ruhr-Kreis, Recklinghausen, Unna und Wesel bilden den Regionalverband Ruhr.
[2] Die Talentschulen sind ein Schulversuch der Landesregierung NRW, sie sollen Maßnahmen für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung erproben. Die Talentschulen „erhalten zusätzliche personelle Ausstattungen, ein zusätzliches Förderbudget, das die gezielte Fortbildung des Lehrpersonals ermöglicht, sowie Unterstützung durch Schulentwicklungsberatung, welche die Schule in ihren Entwicklungsprozessen begleitet und berät. Zudem setzen die Schulen innovative Unterrichtskonzepte im Rahmen unterschiedlicher fachlicher Profile um.“ Es handelt sich bei den Schulen um allgemeinbildende wie auch berufsbildende Schulen. (Quelle: www.land.nrw, abgerufen am 31.07.2021)
[3] Im Thüringer Landtag wurde am 5. Februar 2020 Thomas Kemmerich (FDP) mit Stimmen von FDP, CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt – nachdem FDP und CDU sich vor der Wahl gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hatten. Nach einem großen Aufschrei – politisch, gesellschaftlich und medial – trat Kemmerich am 8. Februar 2020 von seinem Amt zurück.
In Hinblick auf die Bundestagswahl im September wollte unser Bündnis wissen, wie die verschiedenen Parteien zu den Themen Rechts, Rassismus und Integration stehen bzw. wie sie sich bei diesen Themen engagieren. Hierfür hat sich eine Arbeitsgruppe aus den drei jungen Studentinnen Alicia Benning, Hannah Hortlik und Luisa Altegoer gebildet. Sie haben mit allen demokratischen Parteien, die im Rat der Stadt Dorsten vertreten sind, ein Interview geführt. In den kommenden Beiträgen sollen nun die Kernaussagen dieser Gespräche vorgestellt werden. Die Reihenfolge der Veröffentlichung stellt hierbei keine politischen Präferenzen dar, sondern orientiert sich lediglich an den Zeitpunkten der einzelnen Interviews. Was ist den Parteien wichtig, wofür setzen sie sich ein? Machen Sie sich selbst ein Bild!
Das sechste Gespräch haben wir mit der SPD geführt. Unsere Interviewpartner waren der Fraktionsvorsitzende Friedhelm Fragemann, der Stadtverbandsvorsitzende Stephan Erbe und der Bundestags-Direktkandidat für den Wahlkreis Dorsten, Gladbeck und Bottrop, Michael Gerdes.
Für unsere Gesprächspartner bedeutet Rassismus jede Form von Ausgrenzung, z.B. aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft. Rassismus sei häufig schleichend und unterschwellig wie in vielen Formen des „einfachen Alltagsrassismus“, z.B. wenn ein Witz über eine bestimmte ausländische Person(engruppe) gemacht werde, Personen mit dunklerer Hautfarbe im Supermarkt direkt geduzt würden oder bei Ticketkontrollen häufiger überprüft würden. Menschen mit anderer Hautfarbe würde sehr häufig die Frage gestellt „Macht ihr das auch so?“, als wären sie allein aufgrund ihrer Hautfarbe andere Menschen. Hieran merke man, wie tief Ressentiments und Rassedenken verankert seien. Auch in Dorsten gebe es Rassismus. Das merke man z.B. auf einschlägigen Dorstener Social-Media-Kanälen, wo Menschen für alle möglichen Probleme Ausländern die Schuld geben würden.
Um Rassismus zu bekämpfen, sei es der beste Weg, aufzuklären und nichts hinzunehmen. Man müsse konsequent handeln und alle rassistischen Äußerungen und Handlungen nachverfolgen. Wann immer rassistische Aussagen getätigt würden, müsse man Stellung beziehen. Man solle jedoch auch nicht alles rassistisch denken, manchmal müsse man auch ‚die Kirche im Dorf lassen‘; wenn z.B. die Zigeunersauce oder das Schwarzfahren nicht mehr so heißen dürften oder eine alteingesessene Kneipe in Berlin mit dem Namen „Zum kleinen Mohr“ umbenannt werden müsse, würde dies den Rassismus eher befördern. Mit einer solchen politischen Überkorrektheit würde man eher den Rechten in die Karten spielen. Zu ihrer antirassistischen Arbeit konkret in Dorsten berichten Erbe und Fragemann vom Antrag der SPD, Dorsten solle in das Riga-Komitee eintreten; dieser wurde in der letzten Ratssitzung genehmigt.
Unsere Gesprächspartner betonen, dass bei ihnen Mitbürger:innen jeglicher Herkunft mitwirken können. In ihrer alltäglichen Arbeit in Sitzungen usw. seien sie eine Gemeinschaft verschiedener Herkünfte, dies sei für sie völlig selbstverständlich. Demokratie lebe vom Mitmachen. Es gehe vor allem um eine hohe Wahlbeteiligung von Menschen, die sich die Wahlprogramme angeschaut hätten und demokratisch wählten. „Die AfD ist keine demokratische Partei, sie ist der verlängerte Arm der Rechten.“ Schaue man sich einmal an, wie die AfD– allein schon auf sprachlicher Ebene – agiere, müsse man sich ernsthaft überlegen, ob man eine solche Art von Volksvertreter:innen haben wolle. Gerade jungen Menschen müsse klar gemacht werden, wer nicht wählen gehe, dürfe sich anschließend nicht beschweren, wenn dieses Deutschland nicht nach seinen Fähigkeiten und nach seinem Willen regiert werde. Nur um den anderen Parteien eines auszuwischen, die AfD zu wählen, habe schon 1933 nicht funktioniert. „Ich kann nur etwas verändern, wenn ich wählen gehe. Ganz deutlich zu sagen ist: Geht wählen, aber wählt eine demokratische Partei. Schaut euch die Wahlprogramme an; guckt wo die meisten Schnittmengen sind und geht wählen. Aber wählt nicht die AfD.“
Integration bedeute, dass Menschen sich als vollwertige Mitglieder in unsere Gesellschaft einfügen müssen, unabhängig von ihrer Herkunft. Dies heiße, es gebe bestimmte Regeln, die einzuhalten seien. Integration sei ein schwieriges Thema, welches viel konsequenter behandelt werden müsse, auch mit finanziellen Mitteln. Es müsse mehr investiert werden, hier seien Kommunen z.T. finanziell überfordert; hier sei die Landes- und Bundesebene angesprochen. In manchen Großstädten sehe man leider, dass die Integration nicht gelungen sei. Dies sei in Dorsten nicht so ausgeprägt, jedoch gebe es auch hier Probleme. Es müssten mehr Begegnungsmöglichkeiten geschaffen werden, Integration müsse erleichtert werden. Menschen, die aus anderen Ländern kämen, dürften häufig zu Beginn nicht arbeiten. Diesen Personen müsse die Möglichkeit gegeben werden, in Arbeit und Lohn zu kommen, jungen Menschen müssten Ausbildungen ermöglicht werden. Auch Sportvereine, egal welcher Art, seien wichtig. Die Möglichkeit, in einen Verein zu gehen und Teil einer Gruppe zu sein, erleichtere Integration allgemein. Auch im Integrationsrat seien SPD-Mitglieder vertreten. Jedoch habe der Dorstener SPD-Ortsverband aktuell keine konkreten Projekte, wolle jedoch wieder Aktionen initiieren. Dies könnten auch kleine Aktionen sein, z.B. ein internationales Picknick an der Oude Marie; so etwas eigne sich hervorragend, um lockere Gespräche zu führen. Auch mit unserem Bündnis arbeite die Partei gerne zusammen.
Die SPD habe schon immer, auch in historischer Betrachtung, harte Kämpfe gegen Rechts geführt. Rechts seien diejenigen, die unsere demokratische Rechtsordnung nicht tolerieren oder bekämpfen würden mit nationalistischen, rassistischen oder antisemitischen Argumenten. Ein Beispiel hierfür sei die AfD mit ihren faschistischen und rechtsradikalen Vertretern, jedoch auch die Reichsbürger-Gruppierung. Menschen, die die Rechtsform Deutschlands nicht akzeptierten, dürften Deutschland auch nicht nutznießen dürfen. Gerade in Corona-Zeiten sehe man wieder mehr Menschen dieser Gruppierung, auch die AfD hole diese z.B. in den Bundestag. Es sei absurd, jemanden, der:die das Handeln und Leben nach dem deutschen Grundgesetz ablehne, in das Herz der Demokratie zu führen. Diese Bewegung sei eine große, nicht zu unterschätzende Gefahr; bisheriger Höhepunkt sei der Sturm auf den Reichstag gewesen. Auch unsere eigenen rechtsstaatlichen Organisationen wie z.B. die Polizei würden von Reichsbürgern unterwandert, hier müsse man sehr aufpassen, dass Deutschland nicht durch diese gefährdet würde.
Durch die Wahl der AfD bekämen rechte Gruppierungen wieder Oberwasser und glaubten, auf dieser Welle mitschwimmen zu können. Auch in Dorsten sitzt die AfD im Stadtrat. Unsere Gesprächspartner wünschen sich, dass viel mehr Menschen sich Ratssitzungen anschauen würden: Allein daran, wie die AfD reden würde, ließe sich erkennen, was für „Idioten da am Werk“ seien. Man könne mit diesen Menschen sachlich über Dinge diskutieren, sie würden jedoch niemals die Meinung anderer übernehmen, man könne sie niemals argumentativ überzeugen. „Mit ihren gesellschaftsgefährdenden und demokratiefeindlichen Ideen muss man die AfD ausgrenzen und eine klare Grenze ziehen. Man darf diese Intoleranz nicht tolerieren.“
Zur medialen Berichterstattung befragt differenzieren unsere Gesprächspartner zwischen öffentlich-rechtlichem und Meinungsjournalismus. Öffentlich-rechtlicher Journalismus dürfe nicht zerredet werden, er müsse klar, deutlich und frei berichten, auch über Dinge, die falsch liefen. Ginge es um Meinungsjournalismus müsse man jedoch klar sagen, hier handle es sich nicht um Journalisten, wie sie der eigentlichen Berufsethik zuzuordnen seien. Aufgrund der zunehmenden Wichtigkeit sozialer Medien, sollte der Umgang mit Social Media Teil der Schulbildung werden. Schon in jungen Jahren würden Menschen sich mit Social Media beschäftigen, von da an müssten sie für bestimmte Themen sensibilisiert werden. Nur so könne Medienkompetenz geschaffen und der Entstehung und Verbreitung von Fake News vorgebeugt werden.
Wir beendeten das Gespräch mit der Frage, wie die SPD gewährleisten wolle, dass – um Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen – es auch in Zukunft attraktiv bleibt, demokratische Parteien zu wählen.
Auf kommunaler Ebene gebe es leider kaum direkte Möglichkeiten, seine Ideen umzusetzen und das direkte Umfeld zu beeinflussen. Dennoch müssten die Parteien insbesondere für junge Menschen attraktiver werden, diese würden häufig die Funktionsweise der Kommunalpolitik gar nicht richtig mitbekommen. Unsere Gesprächspartner erklären, dass demokratisches Wählen und demokratische Aktivität Voraussetzung dafür seien, etwas demokratisch beeinflussen zu können. „Wir treten an jeder Stelle dafür ein, wählen zu gehen!“ Man wähle für die eigene Zukunft. Jedem müsse bewusst gemacht werden, dass Nicht-Wählen bedeute, darauf zu verzichten, Einfluss zu nehmen. Jede:r Einzelne sei gefordert, bei allen Fragen. Man müsse einfordern und den Menschen deutlich machen: „Alles ist politisch und eine Demokratie lebt davon, dass jede:r mitwirkt!“
Wir bedanken uns noch einmal bei den Herren für dieses aufschlussreiche Gespräch! Wir hoffen, Ihnen einige interessante Einblicke gegeben zu haben! Wenn Sie neugierig geworden sind, was die anderen Parteien in unseren Gesprächen gesagt haben, lesen Sie gerne auch unsere anderen Artikel!
In Hinblick auf die Bundestagswahl im September wollte unser Bündnis wissen, wie die verschiedenen Parteien zu den Themen Rechts, Rassismus und Integration stehen bzw. wie sie sich bei diesen Themen engagieren. Hierfür hat sich eine Arbeitsgruppe aus den drei jungen Studentinnen Alicia Benning, Hannah Hortlik und Luisa Altegoer gebildet. Sie haben mit allen demokratischen Parteien, die im Rat der Stadt Dorsten vertreten sind, ein Interview geführt. In den kommenden Beiträgen sollen nun die Kernaussagen dieser Gespräche vorgestellt werden. Die Reihenfolge der Veröffentlichung stellt hierbei keine politischen Präferenzen dar, sondern orientiert sich lediglich an den Zeitpunkten der einzelnen Interviews. Was ist den Parteien wichtig, wofür setzen sie sich ein? Machen Sie sich selbst ein Bild!
Das letzte Gespräch haben wir mit der Partei DIE PARTEI geführt. Unsere Interviewpartner waren der Stadtverbandsvorsitzende Ingo Lilienthal und Manuel Seth, Mitglied der Fraktion DIE FRAKTION feat. DIE LINKE.
Rassismus beginne in der Art, wie Menschen anderen Menschen begegnen: Einige Menschen sähen sich selbst als etwas Besseres, während andere benachteiligt würden, weil sie ‚anders‘ seien. Häufig handle es sich nicht um vorsätzliches Verhalten, sondern sei schlichtweg in den Gedanken und der Lebensweise verankert. Hierdurch entstehe dann eine Wertigkeit oder auch eine gewisse Vorsicht vor Fremden und Dingen, die man nicht verstehe. Auch in Dorsten gebe es Rassismus. Früher habe sich dieser vor allem offen feindselig gezeigt, heute sei dieser eher strukturell verankert und zeige sich darin, welchen Personen mit welchen üblichen Vorurteilen begegnet würde; z.B. wenn der Nachname einer Person darüber entscheide, ob diese einen Job oder eine Wohnung bekommen würde. Häufig beginne es bei den Kleinigkeiten, z.B. wenn die Kassiererin allen Personen das Wechselgeld in die Hand gebe und dann dem:der Migrant:in auf den Tisch lege. In Deutschland und auch speziell in Dorsten herrsche ein Grundrassismus und es brauche sicher noch lange Zeit, um diesen zu überwinden, da dieser von klein auf an nachfolgende Generationen weitergegeben werde. Zum Beispiel würde ein rein katholischer Kindergarten den dort betreuten Kindern Kontakt mit Kindern und Familien anderer religiöser Hintergründe verwehren; hierdurch würden die Kinder lernen, dass Menschen immer in Gruppen gesteckt würden und eine separierte Gesellschaft als normal erleben (lernen).
In Dorsten sei leider vieles getrennt, hier müssten die einzelnen Gruppen sich stärker durchmischen und miteinander in Kontakt kommen. Betrachte man z.B. die Tennisvereine, sehe man v.a. reiche Personen, alte, weiße Männer und junge, hübsche Frauen. Es sei eine Elite unter sich, hier sei eine ‚Durchmischung‘ schwierig, aber eben auch sehr nötig. Eine Pflicht zur ‚Durchmischung‘ sei jedoch auch schwierig, eine solche Veränderung müsse von sich aus kommen. Damit solche gesellschaftlichen Prozesse zum Tragen kommen, daure es sicherlich einige Jahrzehnte. Wenn z.B. Frauen oder Migrant:innen in Führungspositionen kämen, ändere dies auf Dauer auch die Firmenstruktur. Junge Menschen müssten in der Gesellschaft sehen können, was möglich sei: Junge Mädchen müssten sehen können ‚Ich kann Ärztin oder Richterin werden‘, Jungen müssten sehen können, dass sie auch in vermeintlich feminine Berufe gehen können, es müsse sichtbar werden, dass Berufe unabhängig von der Herkunft seien. Damit dies sichtbar wird, müssten jedoch erst einmal entsprechende Personen in die jeweiligen Positionen kommen. Es sei auch wünschenswert, würden verschiedene Identitäten im kommunalen Ordnungsdienst arbeiten. Eine solche strukturelle Veränderung sei auf kommunalpolitischer Ebene nur schwierig anzugehen, hier handle es sich v.a. um bundespolitische Arbeit. Jedoch lasse sich auch auf Kommunalebene etwas bewirken. In Dorsten gebe es viele Menschen, die sich engagieren wollten, auch öffentlich, das sei wichtig und gut. Auch die Arbeit unseres Bündnisses gehe in die richtige Richtung, hier würde DIE PARTEI künftig auch gerne weiter mit uns zusammenarbeiten.
Der Integrationsprozess sei generationsübergreifend, es daure Jahrzehnte um ein Gefühl von ‚okay, hier wohne ich, hier bleibe ich‘ zu erlangen. Unsere Interviewpartner loben die enorme Eigenarbeit, die die Dorstener Bürger:innen insbesondere 2015/2016 in Form von Flüchtlingslots:innen, Familienbetreuung usw. geleistet hätten. Dies sei Zivilcourage gewesen. Die Bürger:innen hätten eingegriffen, um etwas zu regeln, was der Regierung mit den zur Verfügung stehenden Geldern allein überhaupt nicht möglich gewesen wäre.
Es sei immer schwierig, von außen ein Problem zu diskutieren, obwohl man selbst gar nicht betroffen sei. Betroffene wiederum seien strukturell vollkommen ausgeschlossen aus dem Prozess, integrationsrelevante Entscheidungen zu treffen. Seth verdeutlicht: „Es ist wie eine Männerrunde, die versucht, Frauenprobleme zu lösen. Oder eine Runde voller Cis-Menschen, die versuchen Trans-Probleme zu lösen.“ Es sei gut, sich darüber Gedanken zu machen und Ansätze zu finden, aber im Endeffekt könne man die Thematik nur von außen betrachten und werde nie Teil der Sache als solches sein. Dennoch könne man empathisch sein und zuhören. Weiße Menschen hätten häufig mehr Reichweite und bekämen mehr Gehör. Es gebe eine mediale Zensur, welche Themen überhaupt behandelt und ausgestrahlt würden und wie. Daher sei es wichtig, auch diese Themen wie Rassismus und Integration immer wieder aufzugreifen. Im Kontakt mit den Menschen könne man immer wieder sagen ‚Kommt, macht mit bei uns!‘. Auch könne man sich distanzieren „Nicht alle alten, weißen deutschen Männer sind so.“
Um Integration zu erleichtern, müssten Migrant:innen früher arbeiten dürfen und eine Wertschätzung ihrer Qualifikationen erfahren. Alle müssten arbeiten dürfen, nicht nur die vermeintlich sehr gut Qualifizierten, um „etwas davon zu haben“. Qualifikationen müssten anerkannt werden und allen eine Chance gegeben werden. Die Bevölkerungszahlen in Deutschland stiegen nicht und es entstünden Probleme in Hinblick auf die Rente; es gäbe zahlreiche Jobs, die nicht gemacht werden wollten, aber müssten.
Nach dem Integrationsrat gefragt erzählen unsere Gesprächspartner, bislang hätten sie leider nur Schlechtes gehört. Die Handvoll Leute, die dieses nicht stimmberechtigte Gremium bildeten, wirkten eher wie ein Trostpflaster à la „Guck mal, wir haben da was!“. Der Rat sei relativ auf sich selbst gestellt, er werde nicht gut ‚an die Hand genommen‘ oder geführt. Die Sprachbarriere und das Unwissen über die eigenen Rechte und die Funktionsweise des deutschen Verwaltungsapparats würden es den Mitgliedern des Integrationsrats sehr schwer machen; hier müssten vom System Informationen zur Verfügung gestellt werden. „Es ist lächerlich im Verhältnis zu dem, was wir tun könnten und müssten.“ In dieser Form sei der Rat jedoch von der CDU gewünscht und würde daher auch so umgesetzt. „Was der schwarze Block will, bekommt er auch.“
Rechts sei in erster Linie menschenverachtend. Der Begriff Rechts umfasse sehr viel und sehr viel Unspezifisches: wenn Menschen sich als etwas Besseres fühlten, wenn Menschen sich angegriffen fühlten von Menschen anderer Herkunft, Glaubensansicht oder Sexualität. Dies werde als Angriff gesehen auf die persönliche Integrität, auf die eigenen Werte und die eigene Vorstellung davon, wie Menschen zu sein hätten.
Manche Menschen würden das N-Wort und weitere unangebrachte Dinge von sich geben. Bei manchen handle es sich hierbei um Begrifflichkeiten, die während des Aufwachsens eine Normalität und Fakten dargestellt hätten, oft geschehe dies ohne jegliche Art von Vorurteilen oder Böswilligkeit. Manche dieser Menschen könnten begreifen lernen, was diese Worte dennoch bedeuteten, bei anderen sei dies nicht möglich. Unsere Gesprächspartner fordern, das Wort Rasse gehöre aus dem Grundgesetz gestrichen. Angesprochen auf die AfD glauben sie, die Partei bestehe vermutlich „nicht zu 100% aus totalen Arschlöchern“. Häufig seien die Mitglieder sich auch nicht einig, z.B. wenn sich parteipolitisch gegen die Impfung ausgesprochen werde, einzelne dann aber auch ihre Mütter impfen lassen würden.
Gefragt, ob rechte Parteien wie die AfD verboten werden sollten, reagieren unsere Gesprächspartner zwiegespalten. Die NPD z.B. sei nur nicht verboten worden, weil sie keinen großen politischen Einfluss gehabt hätte, das sei bei der AfD jedoch anders. Ein Verbot würde dazu führen, dass die Personen sich neu finden und organisieren müssten. Andererseits würden die Menschen so oder so das rechts-möglichste auf dem Wahlzettel wählen. Könne man die AfD nicht mehr wählen, würden wieder mehr Menschen die CDU oder die FDP wählen.
Gefragt nach ihrem Umgang mit Akteur:innen des rechten Spektrums, betonen unsere Gesprächspartner, selbst nicht direkt betroffen zu sein. Man müsse sich von den Ausgrenzenden distanzieren und sich mit den Ausgegrenzten beschäftigen. Es müsse ein Umdenken stattfinden: Im Kopf müsse ein Punkt erreicht werden, wo ein Nachname oder eine Hautfarbe nicht direkt etwas Negatives im Kopf der Menschen auslöse. Ziel sollte es sein, dass wir Witze übereinander machen können, weil wir längst davon ausgehen, dass es keinerlei Vorurteile und Unterschiede gibt. Das sei aber noch in ferner Zukunft. Das Einzige, was wirklich etwas bringe, sei es, ständig selbst mit gutem Vorbild voranzugehen; zu zeigen, dass man niemanden abwerten müsse, und dann auch Personen darauf aufmerksam machen, wenn sie gerade „Scheiße bau[t]en“. „Wir müssen Menschen wie Menschen behandeln.“ Man müsse Vorurteilen entgegenwirken; z.B. gebe es Jugendliche aller Hautfarben, die „Scheiße bau[t]en“ – das sei bei MENSCHEN so. Es gebe einen elitären Kreis, der sich nach außen hin abgrenze, hier müsse man entgegenwirken. Es müsse viel mehr Durchmischung stattfinden. „Lern die Menschen kennen, verdammt nochmal!“ Diese ‚Durchmischung‘ müsse bereits in der Schulzeit beginnen, es brauche Chancengleichheit, insbesondere in Bezug auf Bildung. Hierfür müsse mehr Geld in Bildung statt Rüstung oder die Lufthansa investiert werden. Nicht nur der Zugang zu gleichen Bildungschancen, sondern auch die Zusammensetzung der Schülerschaft sei beim Abbau von Vorurteilen wichtig. Neben der Schule spiele hier auch die Wohnsituation eine große Rolle: In der Feldmark finde aktuell z.B. eine Ghettoisierung der Reichen statt, eine solche Ghettoisierung müsse durchbrochen werden. Nur durch eine solche Durchmischung könnten die Einstellungen in den Köpfen der Menschen nachhaltig verändert werden.
Hassnachrichten und -kommentare in sozialen Netzwerken nehmen zu. Dies habe nichts mit der Berichterstattung an sich zu tun, sondern mit der Anonymität des Internets. Die Menschen würden sich austoben, hiergegen müsse man gesetzlich vorgehen, auch auf EU-Ebene. Die Plattformen müssten gezwungen zu sein, solche Kommentare konsequenter nachzuverfolgen und mehr mit entsprechenden Behörden zu kooperieren. Die Akteur:innen müssten zur Haftung herangezogen werden, z.B. über den Tatbestand der Volksverhetzung. Es sei jedoch ein Problem, dass Anzeigen nicht von allen Stellen gleichermaßen ernst genommen würden. Zum Beispiel habe es eine Anzeige gegen die Stadt gegeben wegen Veruntreuung. Während die Anzeige von der Gruppe Dorsten Transparent aufgrund mangelnden öffentlichen Interesses nicht angenommen wurde, ging die gleiche Anzeige von der Partei DIE PARTEI durch.
Wir beendeten das Gespräch mit der Frage, wie DIE PARTEI gewährleisten wolle, dass – um Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen – es auch in Zukunft attraktiv bleibt, demokratische Parteien zu wählen.
Parteien müssten für den „Scheiß, den sie verzapfen“, zur Rechenschaft gezogen werden. Für die Zeit nach den Wahlen würden große Veränderungen angekündigt, diese würden jedoch nie eintreten. Es brauche eine Haftbarkeit für nicht eingehaltene Wahlversprechen. Die Parteien würden sich wie Fähnchen im Wind nach der aktuellen Lage ausdehnen.
Es sei wichtig, die Menschen zum Wählen zu motivieren. Das Wählen und die Mechanismen drumherum müssten attraktiver gestaltet werden. Unsere Interviewpartner schlagen eine leichte Art des Wahlzwangs vor, z.B. dass bestimmte Dinge nur möglich seien, wenn die Person gewählt hat: z.B. die Steuererklärung abgeben oder den Service des Bürgeramts in Anspruch nehmen.
Es sei wichtig, sich zu kümmern. DIE PARTEI wolle alle unzufriedenen Menschen aufsammeln und deutlich machen „Wir existieren und sind wählbar und nicht rechts!“
Wir bedanken uns noch einmal bei Herrn Lilienthal und Herrn Seth für dieses abwechslungsreiche und interessante Gespräch! Wir hoffen, Ihnen einige interessante Einblicke gegeben zu haben! Wenn Sie neugierig geworden sind, was die anderen Parteien in unseren Gesprächen gesagt haben, lesen Sie gerne auch unsere anderen Artikel!