Internationale Wochen gegen Rassismus 15.03.-28.03.2021

DRG-Plakat-A1-4c-RZ

https://stiftung-gegen-rassismus.de/

Unsere geplanten Aktionen:

Bitte gebt die Infos über die geplanten Aktionen auch an viele Freunde und Bekannte weiter.
https://www.facebook.com/Wir in Dorsten gegen Rechts
https://www.instagram.com/dorstengegenrechts/

Fr.,12.03.- Mo.,29.03.2021
Banner im Kubus und Plakatierung im gesamten Stadtgebiet, um auf diese Wochen aufmerksam zu machen.

So., 14.03.2021 “KREIDEAKTION” 
Je nach Wetterlage und zur Auffrischung auch am 19., 20. und 21.03.2021
Im gesamten Stadtgebiet sollen dem Motto: SOLIDARIDITÄT.GRENZENLOS und unserem Leitbild enstprechend markige Sprüche auf Fuß-, Rad und Zuwegen, Brücken usw. sowie auf den Eingängen zur Innenstadt bunt aufgekreidet werden.
Ausdrücklich ausgenommen ist die Zone der Innenstadt, die neu gepflastert ist!
Bitte denkt daran, dass ihr für privaten Grund zuvor die Genehmigung des/r Eingentümer*in einholen müsst. Natürlich werden wir genau hinsehen, was wo gekreidet wird. Macht Fotos von eurem Spruch und sendet ihn an uns über wir.in.dorsten@web.de

Sa., 20.03.2021 SOLIDARIDITÄT.GRENZENLOS
Demonstrationszug für Toleranz, Respekt und Vielfalt und gegen jede Form der Ausgrenzung und des Rassismus.
Beginn: 11.30 Uhr am Platz der Deutschen Einheit, von dort über den Ostwall zum Lippetor, weiter über den Westwall zum Südwall und von dort bis zur Abschlusskundgebung am Jüdischen Museum.
Die zu diesem Zeitpukt gültigen Hygienevorschriften und Abstandsregeln sind unbedingt einzuhalten!
Zum Zeitpunkt des Newsletters liegt dazu noch keine Genehmigung vor. Daher informiert euch bitte über die Presse und die Social Media Kanäle über diese Aktion, da es sein kann, dass wir, je nach Infektionslage, auch absagen müssen.

Mo.,15.03. – So.,28.03.2021
Online Lesungen auf unserer Homepage, auf Facebook, Instagram und Twitter
Täglich wechselnd findet ihr auf diesen Accounts jeweils eine kleine Lesung zum Motto SOLIDARIDITÄT.GRENZENLOS. Es lesen bekannte Dorstener Bürgerinnen, Bündnismitgliederinnen, Kolleg*innen sowie Schülerinnen des Gymnasiums Petrinum.

So.,28.03.2021 Dorstenerinnen bilden ein Band der Solidarität Bunte Bänder, Schals, Kordeln uvm. wegen der Abstandsregeln in ca. 2 m Länge, sollen am letzten Tag der Internationalen Wochen gegen Rassismus zwischen vielen Dorstenerinnen, die Solidarität mit allen Ausgegrenzten und Benachteiligten und gegen alle rassistischen An- und Übergriffe zeigen, gehalten werden.
Um 14.30 Uhr starten wir am Platz der Deutschen Einheit, bilden von dort eine Menschen-Bänder-Kette nach rechts in den Ostgraben und nach links in den Südgraben und über den Westgraben, so hoffen wir, findet das Band der Solidarität dann den “Zusammenhalt”.

Ein ganz herzlicher Dank geht von dieser Stelle an die Sponsoren und Unterstützer unserer geplanten Aktion anlässlich der Internationalen Wochen gegen Rassismus:

Sparkasse Vest Recklinghausen https://www.sparkasse-re.de/de/home.html,
DBMK Designbureau,https://kiecok.de/ ,
ManusFactur, https://www.manusfactur.de/
DAS LEO, https://www.das-leo.de/
Treffpunkt Altstadt Dorsten  https://www.treffpunkt-altstadt.de/
Arbeitskreis Jugend. e.V
Stiftung gegen Rassismus  https://stiftung-gegen-rassismus.de/iwgr
Stadtdialog Dorsten http://www.dorsten.de/stadtdialog.asp

Ein Jahr danach…

Ein Jahr nach den rassistisch geprägten, noch immer von den Behörden nicht aufgeklärten Morden in Hanau, gedenken wir der Opfer und ihrer Angehörigen in tiefer Verbundenheit.

Leider ist auch ein Jahr nach den schrecklichen Anschlägen von Hanau vieles noch nicht so, wie wir es erwartet hätten. Nicht nur, dass die zuständigen Behörden die Aufarbeitung der Morde noch immer nicht abgeschlossen haben. Auch den vielen, von der Bundesregierung beschlossenen Einzelmaßnahmen, fehlt es an einer erkennbaren Gesamtstrategie, die strukturellen und institutionellen Rassismus in der Mitte der Gesellschaft erfolgreich bekämpft.

Aber es gibt auch eine “gute Entwicklung” zu beobachten: Das Bewusstsein für die Gefahr des militantem Rechtsextremismus, die Verbreitung von Alltagsrassismus und der institutionellem Rassismus ist stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Eine Entwicklung, die wir begrüßen und die notwendig ist. Denn jeder einzelne von uns kann einen Unterschied machen.

Zusammen müssen wir immer wieder aufstehen und Zeichen setzen gegen Rassismus, Antisemitismus, gegen die Gefahr von rechts – im Alltag, überall dort, wo wir uns bewegen. Es ist dabei wichtig, bei sich selbst zu beginnen und den latenten und immanenten, persönlichen Rassismus zu hinterfragen. Und es ist auch wichtig, den Finger in die Wunde zu legen, um immer wieder auch auf den strukturellen Rassismus aufmerksam zu machen.

Zum Gedenken an die Pogrome 9./10. November 1938

Dr. Kathrin Pieren, Leiterin des Jüdischen Museums Westfalen, Dorsten

In jedem Jahr finden am 9. November in Deutschland Gedenkveranstaltungen statt, die an die Novemberpogrome von 1938 erinnern, die von den Nationalsozialisten geplant und mit unglaublicher Brutalität ausgeführt wurden. Auch das Jüdische Museum Westfalen hat in den vergangenen Jahren stets der Progrome gedacht. Doch in diesem Jahr wird es erstmals leider nicht der Fall sein: Die Corona-Pandemie verbannt das Gedenken an diese schlimme Zeit in die Isolation. Eine öffentliche Veranstaltung wird es in diesem Jahr nicht geben.

“Der Jahrestag der Pogromnacht wird in der allgemeinen Öffentlichkeit keine große Rolle spielen. Kein Gedenken und kein Erinnern – was bleibt uns dann noch erhalten?” fragt die Regisseurin Sharon Ryba-Kahn in der Jüdischen Allgemeinen. Und weiter: “Noch schlimmer ist es, dass wir nach dem Lockdown direkt in die Weihnachtssaison rutschen. Was ist da wichtig? Geschenke kaufen. Wer wird noch Platz dafür haben, um sich emotional mit der Schoa zu beschäftigen – außer den Betroffenen? Aber das sind nicht die, die erreicht werden müssen, nicht wahr?”

Sharon Ryba-Kahn hat vollkommen recht. Denn der Opfer zu gedenken, heißt auch, sich immer wieder die widerwärtigen Taten vor Augen zu führen, welche diese Menschen zu Opfern machten. Das ist ein wichtiger Teil der Erinnerungsarbeit, die solche Veranstaltungen im Land der Täterinnen, Mitläuferinnen und Zeug*innen leisten und leisten müssen. Darüber hinaus signalisieren die Gedenkveranstaltungen auch den gesellschaftlichen und politischen Willen, gegen Intoleranz vorzugehen – gegen Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus und anderes menschenverachtendes Denken und Handeln.

Die Pandemie ist der Grund für die abgesagten Gedenkveranstaltungen, aber sie ist sie leider auch eine Zeit, in der neben den vielen Beispielen funktionierender Solidarität auch die Zeichen der Entsolidarisierung und der gesellschaftlichen Polarisierung deutlicher werden. In den Verschwörungsmythen der Pandemie-Skeptiker*innen tauchen gerade auch Juden und Jüdinnen immer wieder auf.

Warum? Weil das Unerklärliche und die Unsicherheit der Situation mit einer Verschwörung von geheimen Mächten einfacher zu erklären sind als mit komplexen, wissenschaftlichen Theorien und evolvierenden epidemiologischen Prognosen. Und weil Verschwörungserzählungen gegen das Judentum seit dem christlichen Antijudaismus im Mittelalter in den Gesellschaften Europas fest verankert sind. Um dem entgegenzuwirken, wären öffentliche Gedenkveranstaltungen gerade in diesem Jahr ein wichtiges Signal gewesen.

Zur Erinnerung: Die Novemberpogrome waren inszeniert, das waren keine Initiativen erboster Bürger*innen, sonst wären sie nicht so flächendeckend gewesen und hätten nicht in örtlichen Behörden, in Feuerwehr und Polizei ihre Komplizen gefunden. Es war eine staatlich verordnete Gewaltaktion.

Nachdem Hershel Grynspan, dessen Eltern von den Nationalsozialisten zusammen mit 17.000 anderen polnischen Jüdinnen nach Polen deportiert wurden, den deutschen Botschaftsangehörigen in Paris Ernst von Rath erschossen hatte, benutzten die Nationalsozialisten dies als Vorwand, mit Gewalt gegen Juden und Jüdinnen sowie jüdische Einrichtungen vorzugehen. Und sie maskierten die Pogrome als Ausdruck eines ‚Volkszorns‘ gegen Grynspans Tat.

Die Novemberpogrome 1938 waren ganz sicher nicht nur Sachbeschädigung und Diebstahl, obwohl auch diese ein enormes Ausmass annahmen. Bis vor wenigen Jahren war das Bild der brennenden Synagogen und zerstörten Schaufenster vorherrschend in der allgemeinen Wahrnehmung. Tatsächlich wurden mindestens 1.406 Synagogen und Betstuben niedergebrannt und zum Teil oder vollständig zerstört. Mindestens rund 180 Wohnhäuser und bis zu 7500 jüdische Geschäfte wurden zerstört.

Dabei war die Zerstörung nicht nur auf Deutschland beschränkt. Juden und Jüdinnen im ganzen damaligen Deutschen Reich, einschließlich Städten wie Innsbruck und Wien, Kattowitz und Breslau, wurden Opfer des Terrors. Frauen und Männer wurden auf brutalste Weise gequält, geschlagen, erniedrigt und getötet; einige wurden an den Rand der Verzweiflung gebracht, so dass sie sich selbst das Leben nahmen. Insgesamt starben mindestens 1300 Juden und Jüdinnen. Alleine in Westfalen waren es 60 Menschen.

Ich will an dieser Stelle nur ein Beispiel nennen, und zwar einen Augenzeugenbericht aus Dortmund:

„In Dortmund wurden vielfach die Juden nachts gezwungen, ihre Möbel selbst aus dem Fenster zu werfen und dann im Nachtanzug die zerbrochenen Stücke selbst wieder heraufzuholen. Das Gemeindehaus ist vollkommen zerstört, sämtliche Akten der Winterhilfe vernichtet, über RM 1000.- gestohlen. Die jüdischen Restaurants und Cafés sind einfach Schutthaufen. Geschäfte sind alle zerstört, Waren auf die Straße geworfen.

In Lünen bei Dortmund sind die Horden bei einem 60-jährigen Juden namens Bruch ins Haus [ein]gedrungen und haben ihn ‚Isaac‘ brüllend über den Haufen geschossen. Die Frau flüchtete ins Nebenzimmer, was mit ihr passierte, ist nicht bekannt. Die Gasrohre der Öfen wurden aus den Wänden gerissen, sodass das Gas frei ausströmen konnte. Im gegenüberliegenden Haus lag ein alter Mann im Bett. Bevor er flüchten konnte, erhielt er durch die Decke einen Bauchschuss und starb nach vier Stunden.

In Dortmund sind alle Männer von 16 bis 60 Jahren verhaftet, die nicht Verhafteten mussten sich selber stellen. Alle wurden nach Sachsenhausen gebracht.“

Weiter wurde berichtet, dass Menschen aus Dortmund mit Verletzungen ins jüdische Asyl für Altersschwache in Köln eingeliefert wurden.

Es ist offenkundig, welche Ängste diese Menschen ausstehen mussten, welche Wut, Verzweiflung und Enttäuschung sie gefühlt haben müssen, angegriffen von Nachbarn, ehemaligen Schülern, verprügelt und gedemütigt von Kundinnen, oft Menschen, die sie gut kannten.

Für die Jüdinnen und Juden waren die Pogrome eine klare Botschaft, dass es nicht mehr besser werden würde in diesem Land, dass es an der Zeit war, das Land zu verlassen. „Man fragt nicht, wollen Sie auswandern, sondern: wie weit sind Sie?“ schreibt eine Wuppertaler Jüdin im April 1939 ihrer Tochter, die bereits ins Ausland emigriert war. Doch Auszuwandern erwies sich als unglaublich schwierig, weil die meisten Staaten ihre Grenzen bereits dicht gemacht hatten.

Ein kleiner Lichtblick war, dass einige Staaten wie die Niederlande, Frankreich und allen voran Großbritannien unter dem Eindruck der Gewalttaten, die auch im Ausland bekannt waren, ca. 15.000 Kindern erlaubten, alleine einzureisen. In Großbritannien war das nur nach der politischen Überzeugungsarbeit jüdischer und christlicher Organisationen möglich gewurden und nur unter deren Versicherung, dass die Rettungsaktion den Staat nichts kosten solle.

Erwachsene Einwander waren angesichts der Wirtschaftskrise unerwünschte Stellensuchende, und auch die Kinder sollten eigentlich nach wenigen Jahren wieder das Land verlassen, was durch Ausbruch des Krieges zehn Monate später unmöglich wurde. Obwohl die sogenannten ‚Kindertransporte‘ viele Kinder rettete, so litten diese doch unter der Trennung von Eltern und Geschwistern, die sie in der Mehrzahl nie mehr wiedersehen sollten.

Die Integration im neuen Land war auch nicht einfach. Die Kinder stießen oft auf Ablehnung, denn ‚in Deutschland waren wir Juden, in England waren wir Deutsche‘, wie die Betroffene Elsa Shamash sagt, und die waren nicht eben beliebt. Nicht wenige wurden auch als sogenannte ‚enemy aliens‘ interniert, sobald sie alt genug waren.

Während und unmittelbar nach den Pogromen wurden rund 30.000 jüdische Männer in Konzentrationslagern gefangen, mehrere hundert von ihnen starben während der Inhaftierung oder als Folge davon. Im Reichsgebiet folgten darauf weitere Maßnahmen, um die jüdischen Bürger*innen endgültig vom wirtschaftlichen und kulturellen Leben sowie von der Erziehung auszuschließen. Außerdem mussten sie die Kosten übernehmen für die Schäden, die ihnen während der Pogrome zugefügt wurden. Die Pogromnächte hatten daher auch eine ganze Reihe von einschneidenden und weitreichenden Folgen.

Sie waren der Höhepunkt einer Gewalt, der allerdings eine lange Kette an falschen Beschuldigungen und Stigmatisierung von Juden*Jüdinnen als Fremde und Minderwertige vorangegangen war. Seit 1933 waren sie durch sytematische Ausgrenzungen per Erlasse Schritt für Schritt von der Mehrheitsgesellschaft isoliert worden.

Wenn wir der Pogrome gedenken und ihre Relevanz für heute reflektieren, dann können wir uns nicht damit herausreden, dass wir nicht an einem vergleichbaren Punkt sind, denn wenn wir soweit wären, wäre es schon längst zu spät.

Ich schlage vor, nochmals in die Vergangenheit zu blicken und uns gleichzeitig der Gegenwart zuzuwenden. In die Vergangenheit, um noch besser zu verstehen, was in den Köpfen derjenigen Menschen vorging, die solche Verbrechen begingen, ihnen tatenlos zusahen oder von Diebstahl und Enteignung profitierten. Wie Nachbarinnen und Nachbarn zu Täterinnen und passiven Zeuginnen wurden und wie sie mit dem Wissen über ihr Verhalten auch nach dem Krieg weiterlebten.

Welche Werte und welches Gedankengut sie an ihre Nachkommen weitergaben. Viele Zeitzeugen leben nicht mehr, aber ihre Kinder und Kindeskinder leben noch. Es muss in vielen Familien Briefe, Tagebücher, Dokumente und mündliche Überlieferungen geben, die nicht bekannt gemacht wurden, die vergessen und verdrängt wurden und werden.

Genau mit diesen Zeugnissen der Vergangenheit sollten wir Nicht-Juden und Nicht-Jüdinnen uns nochmals konfrontieren: jede*r einzelne im Kreis der eigenen Familien und die Gesellschaft im Großen und ganzen, um zu verstehen, wie sich die Vergangenheit und der Umgang mit ihr auf unsere heutige Gesellschaft ausgewirkt hat.

Damit verbunden ist es unsere Pflicht, die Gegenwart kritisch zu betrachten und alle Anzeichen von Auschluss zu erkennen und sich dagegen stark zu machen, rassistisch und antisemitische Äußerungen und Gewaltakte als solche zu denunzieren und entsprechend zu ahnden. Leider gibt es genug Beispiele, dessen wurden wir im Laufe der letzten Monate erinnert.

Von den Nazi-Netzwerken in der regionalen Polizei zum tätlichen Angriff auf einen jüdischen Mann in Hamburg. Die Mordtaten in Halle, die sich letzten Monat jährten, erinnern ausserdem daran, dass sich Antisemitismus oft paart mit Hass gegen andere als anders empfundene Menschen, etwa Geflüchtete oder Zugewanderte.

Wir brauchen nicht nur einen besseren Schutz für die Opfer und die öffentliche Einsicht, dass dieser Schutz eigentlich nicht nötig sein sollte in einer demokratischen, solidarischen Gesellschaft. Wir brauchen außerdem den politischen Willen, das Systemische in solchen Taten zu verstehen und anzuerkennen und damit auch wirksame Maßnahmen, um solche Vergehen in Zukunft zu verhindern.

Gleichzeitig ist jede*r dazu angehalten, rassistisches, antisemitisches und fremdenfeindliches Gedankengut und Tun aufzudecken und zu verurteilen – in der Familie, im Schulbus, in der Arbeitswelt, am Stammtisch, im Parlament. Wir können diese Verantwortung nicht abgeben, denn wenn wir uns nicht darum kümmern, wer soll es dann tun?

Zeichen setzen gegen rechts

Ein Beitrag von Ruth Lange

Unser Bündnis hat am 5. September 2020, eine Woche vor der Kommunalwahl, bei strömendem Regen noch einmal ein deutliches Zeichen gesetzt:

GEGEN DIE ZUNAHME DES RECHTSPOPULISMUS,
GEGEN RECHTSEXTREMISMUS,
GEGEN DIE ZUNAHME VON GEWALT
GEGEN RESPEKTLOSIGKEIT GEGENÜBER DER POLIZEI, DER FEUERWEHR , DEM RETTUNGSDIENST UND DER GESELLSCHAFT,
GEGEN DIE DISKRIMINIERUNG VON MENSCHEN AUFGRUND IHRER HERKUNFT, HAUTFARBE, GESCHLECHT, RELIGION ODER SEXUELLER ORIENTIERUNG.

Ein Zeichen im Sinne unseres Leitbildes und in Anlehnung an den in dieser Woche im Rat der Stadt beschlossenen „Stadtdialog Dorsten“, den hoffentlich viele Dorstener*innen mittragen und unterschreiben werden.

FÜR DEN ERHALT UNSERER DEMOKRATIE,
FÜR DIE EINHALTUNG UNSERES GRUNDGESETZES, das so in keinem Land der Welt existiert und das durch die Ewigkeitsklausel auch bei Verfassungsänderungen nicht angetastet werden darf und die Menschenwürde für die Ewigkeit schützt.
TOLERANZ UND RESPEKT JEDEM GEGENÜBER
DIE VIELFALT IN UNSERER GESELLSCHAFT.

Die Demonstration begann auf dem Platz der Deutschen Einheit. Wir wissen natürlich, dass „Einheit“ hier das Zusammenwachsen des bis 1989 getrennten Deutschlands beschreibt. Doch  die „Einheit“ allgemein hat in unserer Gesellschaft  in den letzten Jahren deutliche Risse bekommen.

Unsere Gesellschaft ist gespalten, nicht nur in immer ärmer und immer reicher. Sondern es gibt leider auch immer mehr Gegner unserer Demokratie, unseres Grundgesetzes, unseres Rechtsstaates.

Dazu trägt nicht allein eine etwaige Unzufriedenheit mit Regierung und Politik oder die soziale Schieflage bei, dazu tragen in großem Maße die Rechtspopulisten, die Identitären und all die anderen rechtsextremistischen Gruppen bei, die zzt. unter dem Deckmantel von „Anti-Corona“ ausufernde Demonstrationen organisieren und so unser liberales, demokratisches, rechtsstaatliches System ausnutzen, obwohl sie es auf der anderen Seite rigoros ablehnen. Natürlich sind nicht alle Anti-Corona Demonstranten Rechtsextremisten, sie lassen sich nur leider vor deren Karren spannen.

Dabei sind nicht mal diejenigen am gefährlichsten, die unseren Reichstag, das Symbol unserer Demokratie,  versuchen zu stürmen. Für wesentlich gefährlicher halte ich die Rechten, die inzwischen bei viel zu vielen mit ihren unsäglichen Botschaften angekommen sind und die, immerhin demokratisch gewählt, schon längst im Bundestag sitzen!

Sicher ist:  Auch „Wir sind das Volk“ und Gott sei Dank zzt. noch der weitaus größere Teil im Vergleich zu den Populisten und Extremisten. Aber wir müssen aufstehen und uns wehren. Wir müssen, so wie heute hier in Dorsten, mutig und entschlossen unser Zeichen gegen diese immer größer werdende Gefahr von rechts setzen.

Durch unser Kreuz auf dem Stimmzettel am 13. September haben wir die Möglichkeit unserer Überzeugung Ausdruck zu verleihen und uns für diejenigen zu entscheiden, von denen wir überzeugt sind, dass sie unsere Verfassung erhalten und diese Wert schätzen.

Wir stehen für den Erhalt unserer freiheitlich, rechtsstaatlichen Demokratie, für Toleranz anders Denkenden gegenüber, wenn sie nicht eine Gefahr für unser Land und jeden Einzelnen darstellen. Wir stehen für Menschenwürde, Respekt und Vielfalt. 

Und wir leben danach.

Foto aus dem Video von Julian Schäpertöns

Unser Bündnistreffen am 10. August 2020

in Beitrag von Ruth Lange, Uwe Senftleben und Roswitha Siegel

Mit über 20 Teilnehmer*innen war unser Treffen in der ehemaligen Laurentius Hauptschule in Lembeck sehr gut besucht. Wir diskutierten konstruktiv und intensiv verschiedene Themen, vor allem jedoch den Umgang mit dem Auftreten und dem Flyer der AfD zur Wahl in Dorsten. Dieser Flyer ist, wie im Anschluss zu lesen, gespickt mit Polemik und Zahlen, die bei genauerer Betrachtung spezifiert, verifiziert und sogar widerlegt werden können, wobei für uns die Sachverhalte in der Diskussion im Vordergrund standen und stehen.

Flyer der AfD: Ratssitzungen im Internet übertragen

Alle Ratssitzungen in Dorsten sind in der Regel öffentlich, wenn sie nicht die Rechte Dritter tangieren. Tagesordnungen und deren Ergebnisse werden in der Presse veröffentlicht und sind mit einer komfortablen Suchfunktion auf www.dorsten.de digital nachzuvollziehen. So wird das Verwaltungshandeln in Zusammenarbeit mit der Kommunalpolitik transparent. Interessierte Bürger*innen können auch zu Beginn jeder Sitzung Fragen stellen. Eine Übertragung im Internet kann, da wir dankenswerterweise hohe Anforderungen an den Datenschutz stellen, an den Persönlichkeitsrechten der Ratsmitglieder scheitern. Der Schutz der einzelnen Person hat hier unbedingt Vorrang. Im Übrigen ist das Verb “informieren” ein aktives Verb!

Flyer der AfD: Bürgerentscheide

Volksentscheide sind schon jetzt zu Themen der Grundrechte jederzeit möglich, aber da wir in einem Rechtsstaat leben, auch ein langwieriger Prozess, was bei Volksentscheiden in der Schweiz deutlich wird. Bürgerentscheide und ihre Einbeziehung finden in Dorsten vorbildlich in den jeweiligen Stadtteilkonferenzen zu allen von den Bürger*innen beantragten Themen bereits ihren Platz.

Flyer der AfD: Grundsteuer senken, Straßenbaubeiträge senken

2011 wurden mit dem “Stärkungspakt” den verschuldeten Städten strikte Einnahmeeinsparungen und Einnahmeerhöhungen auferlegt und im Gegenzug der Schuldenabbau durch Millionenzuwendungen ermöglicht. Der Rat hat damals ein Paket mit über 200 Einzelmaßnahmen beschlossen und die Grundsteuer B in zwei Schritten erst auf 600 und dann auf 780 Punkte erhöht.

Einnahmeverluste durch Senkung der Grundsteuer B und, z.B., der Verzicht auf Straßenbaubeiträge müssen an anderer Stelle kompensiert werden. Viele Standards, wie z.B. die Grünpflege, der Straßenunterhalt, der kommunale Ordnungsdienst und mehr müssten erneut verringert werden, und öffentliche Strukturen, wie Stadtbibliotheken, dezentrales Grundschulnetz usw. würden in Frage gestellt.

Der Vergleich im Bezug auf die Steuersätze mit anderen Städten ist so einfach wie im vorliegenden Flyer auf keinen Fall möglich, da jede Kommune unter anderen Bedingungen wirtschaftet. So ist z.B. bei uns die Grundsteuer wesentlich höher als in Monheim, dafür aber der durchschnittliche Mietpreis um einiges niedriger, so dass am Ende, wenn man es genau berechnet, die Monheimer für ca. 80 qm etwa 3.000 € pro Jahr mehr für Wohnkosten zahlen als die Dorstener!

Flyer der AfD: Gewerbesteuer reduzieren

Die Zusammenlegung der Gewerbegebiete Dorsten und Marl hat trotz eines Gewerbesteuerhebesatzes von 495% in den letzten Jahren zu einem solch enormen Zuwachs an Gewerbeansiedlungen geführt, dass z. Zt. dort keine Grundstücke mehr ausgewiesen werden können.

Flyer der AfD: Sparen, sparen sparen

Eine Milchmädchenrechnung wird auch in Bezug auf die Mitarbeiterinnen der Dorstener Verwaltung aufgestellt. Eigentlich muss es doch jedem klar sein, dass ein Stellenabbau in der Verwaltung zum einerseit wieder viele Arbeitsplätze kosten wird, zum anderen aber auch viel weniger Service für uns alle bedeutet. Dieser Service wurde gerade, im Wege einer Umfrage der Dorstener Zeitung, von deren Leserinnen insgesamt sehr gelobt.

Flyer der AfD: Controlling einführen

Zum Vorfall der Unterschlagung im Jugendamt hat die Verwaltung öffentlich ausführlich Stellung bezogen. Der finanzielle Schaden ist durch den damaligen Mitarbeiter laut Staatsanwaltschaft inzwischen wieder bereinigt. Selbst bei geringwertigen Anschaffungen und Ausgaben, die normalerweise mit Vertrauen in die Mitarbeiterinnen ausgeführt werden, gilt inzwischen in der Dorstener Verwaltung das “Vier-Augen-Prinzip” und die Gegenzeichnung eines(r) Kollegenin und/oder eines(r) Vorgesetzen. Mehr Controlling und noch mehr Ordnungsdienst führen wiederum auch zu noch mehr Kosten.

Flyer der AfD: Abschaffung der Kitagebühren

Der Elternbeitrag zur Kinderbetreuung ist ein nach Einkommen gestaffelter solidarischer Beitrag (keine Gebühr) in Höhe von ca. 15-20% der Kosten. Die restlichen Kosten belasten, aus welchem Topf auch immer, die Steuerzahler. Ob bei einem Verzicht auf diese Beiträge das Land einspränge, ist fraglich. Ansonsten würden die erlassenen ca. 3.000.000 € aus der Stadtkasse finanziert und die städtischen Steuern müssten wahrscheinlich wieder erhöht werden!

Flyer der AfD: Zuwanderung, Asyl und Integration

Die angegebenen 3.340.000 € für die Flüchtlingshilfe ist eine aus der Luft gegriffene Zahl, die ohne Überprüfung, selbsverständlich sehr hoch erscheint. Durch Erstattungen aus verschiedenen Töpfen bleiben lediglich 1,1 Mio € Gesundheitskosten für den Dorstener Haushalt, weil Flüchtlinge in der Regel nicht krankenversichert sind. Es kommen zusätzliche Kosten in Höhe von 315.000 € für soziale Einrichtungen und das Migrationsreferat hinzu.

Eine Abschiebung der zur Zeit in Dorsten lebenden 150 abgelehnten Asylbewerber umzusetzen, scheitert leider oft daran, dass die Länder, aus denen die Flüchtlinge kommen, sie nicht wieder aufnehmen wollen oder dass Identitäten nicht geklärt sind, bzw. Ausweispapiere fehlen. Letztere sind aber erforderlich, damit ein Grenzübertritt überhaupt möglich ist.

In diesem Abschnitt des Flyers “Zuwanderung, Asyl und Integration” wird jedoch das Ziel, nicht nur der Dorstener AfD, erneut deutlich: “Ausländer raus – Deutschland den Deutschen und zurück zur Deutschen Leitkultur! Also keine bunte Vielfalt und keine Toleranz in unserer Gesellschaft und natürlich auch kein freies, geeintes Europa… und immer weniger D E M O K R A T I E!

WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS MACHEN AM 13. SEPTEMBER VON UNSEREM WAHLRECHT GEBRAUCH!

WIR LASSEN UNS NICHT VON EINFACHEN, POLEMISCHEN LÖSUNGEN DER RECHTEN TÄUSCHEN,

DIE, “QUOD ERAT DEMONSTRANDUM”, NICHT RECHT HABEN!

https://www.dorsten.de/Verwaltung/Rathaus/Amtsblatt.asp

Unter diesem Link finden Sie alle nötigen Informationen zur Kommunalwahl 2020, alle Wahlbezirke und die dortigen Kandidaten der jeweiligen Parteien.

Damit später niemand sagen kann: Oh, das habe ich nicht gewusst!

Ein Beitrag von Ruth Lange mit Hilfe der….

Wer sind die Volksverpetzer…….
Wir bei „Volksverpetzer“ sind ein Team aus ganz normalen, engagierten Menschen. Gegründet wurde der Blog von Thomas Laschyk und Freundinnen. Angefangen haben wir 2014 als regionaler Blog für Augsburger Politik, seit Herbst 2015 widmen wir uns vor allem Hetze und Fake News. In den Jahren 2016 und 2017 gab es „Volksverpetzer“ als Kolumne bei den österreichischen Faktencheckernnen von „Mimikama“. Seit Anfang 2018 sind wir wieder eigenständig und es gibt uns in unserer jetzigen Form. Seit Juni 2019 ist unser Blog zum „Volksverpetzer VVP gUG“ geworden, mit Sitz in Augsburg.

Neben dem Chefredakteur und Geschäftsführer Thomas Laschyk ist Andreas Bergholz seit März 2020 fester Bestandteil des Teams. Die restlichen circa 18 Mitglieder sind, wie gehabt, ehrenamtlich engagiert und steuern in ihrer Freizeit Recherchen, Lektorat, Artikel und Feedback bei. Wir freuen uns auch stets über konstruktives Feedback oder auch über Aushilfe bei Recherchen oder Artikeln – meldet euch doch einfach über redaktion@volksverpetzer.de und vielleicht könnt ihr euch auch bei uns engagieren.

Auf Facebook wird eine Grafik mit einer Auflistung einiger Zitate von AfD-Mitgliedern weit verbreitet. Überschrieben ist die Liste mit „Damit später niemand sagen kann ‚Oh! Das habe ich aber nicht gewusst’“. Die Original-Posterin hat jedoch keine Quellen für die Sammlung der AfD-Zitate hinterlegt, weshalb einige deren Echtheit anzweifeln. Die “Volksverpetzer” haben alle Zitate überprüft.

Mehr Demokratie wagen!

Ein Beitrag von Ursula Marschalek

In unserer Verfassung steht:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlicher Gewalt“ (Art. 1 Abs. 1 GG)

Es  scheint, dass wir zur Zeit in einer Gesellschaft leben, die diesen Artikel nur für eine bestimmte Gruppe, den „echten Deutschen“, was immer das auch heißen mag, gelten lassen will. Übergriffe auf Migranten*innen, auf Menschen, die anders denken und anders glauben, sind an der Tagesordnung. „Wer nicht so ist wie wir, darf abgeknallt werden“ – auch wer hier Schutz sucht, auch Frauen und Kinder.

Wollen wir dafür die Verantwortung übernehmen? Ist das die Demokratie in der wir leben wollen?

Um demokratische Verhältnisse umzusetzen, braucht es sehr viele Demokraten*innen! Dazu braucht es Mut und die Bereitschaft,  sich unbeliebt zu machen, auch im Verwandten- und Bekanntenkreis.

Menschen, die nicht  schweigend  zusehen, wie die Menschenwürde in unserer Gesellschaft  weiter mit  Füßen getreten wird.
Menschen, die bereit sind dagegen aufzustehen, wenn andere Menschen unwürdig behandelt werden.
Menschen, die auch den Regierenden nicht durchgehen lassen, wenn sie anfangen, Gruppen in unserer  Gesellschaft  zu  diskreditieren und  zu  kriminalisieren.
Menschen, die dem Hass und der Verachtung entgegentreten.
Menschen, die nicht mehr der schweigenden Mehrheit angehören wollen.

„Sie haben ein Recht auf Widerstand“. (Art. 20 Abs. 4 des GG)

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Staat, in dem Bürger dieses Landes ihre Regierung wählen können. In NRW finden im September Kommunalwahlen statt. Wahlen sind unser Mittel, Einfluss auf die Politik zu nehmen.

Nehmen Sie ihr Wahlrecht wahr!  Wählen Sie Parteien, die für eine freiheitliche, solidarische, menschenwürdige, offene und soziale Gesellschaft stehen!

Ich wünsche mir in einer Gesellschaft zu leben, in der diese Werte verwirklicht werden können.

„Wir in Dorsten gegen rechts“ ist ein Bündnis in dem sich schon viele unterschiedliche Menschen zusammengefunden haben, um mehr Demokratie zu wagen und zu leben.

Unterstützen Sie uns — wir unterstützen Sie!

Zeit, dass sich was dreht…

Unser 1. Treffen nach den nunmehr zahlreichen Lockerungen in der Coronazeit wird wieder möglich und es gibt viel zu besprechen.

Dienstag, 23. Juni 2020, 17.30-19.30 Uhr

Amphitheater im Bürgerpark, 46282 Dorsten,

Unsere Themen:

Anti-Rassismus Demonstration
Kommunalwahl 2020
Öffentliche Lesung
Stadtgang
Unser Flyer
Magazin: “Das Grundgesetz”
T-Shirts
Termine nach der Sommerferienpause

Aufgrund der einzuhaltenden Abstandsregel wird um Anmeldung zu diesem Treffen über die WhatsApp Gruppe oder die Emailadresse: wir.in.dorsten@web.de gebeten. Der Mundschutz darf ebenfalls nicht vergessen werden.

Zum 08. Mai 2020, Frank-Walter Steinmeier heute

Das sagte unser Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier, heute in Berlin zum Gedenken an die Befreiung von den Greueltaten der Nationalsozialsten und das Kriegsende am 08. Mai 1945 unter anderem…

Damals wurden wir befreit. Heute müssen wir uns selbst befreien!

Befreien von der Versuchung eines neuen Nationalismus. Von der Faszination
des Autoritären. Von Misstrauen, Abschottung und Feindseligkeit zwischen den
Nationen. Von Hass und Hetze, von Fremdenfeindlichkeit und Demokratieverachtung
– denn sie sind doch nichts anderes als die alten bösen Geister in neuem
Gewand. Wir denken an diesem 8. Mai auch an die Opfer von Hanau, von Halle und
von Kassel. Sie sind durch Corona nicht vergessen!

“Wenn es hier geschehen kann, kann es überall geschehen.”
Das hat uns der israelische Präsident Reuven Rivlin dieses Jahr am
Holocaust-Gedenktag im Deutschen Bundestag zugerufen. Wenn es hier geschehen
kann, kann es überall geschehen. Doch heute gibt es niemanden, der uns von
diesen Gefahren befreit. Wir müssen es selbst tun. Wir wurden befreit zu
eigener Verantwortung!

Ich weiß wohl: Dieser 8. Mai fällt in Zeiten großer Umbrüche und großer
Ungewissheit. Nicht erst, aber erst recht durch die Corona-Pandemie. Wir wissen
heute noch nicht, wie und wann wir aus dieser Krise herauskommen. Aber wir
wissen, mit welcher Haltung wir in sie hineingegangen sind: mit großem
Vertrauen in dieses Land, in unsere Demokratie, und in das, was wir gemeinsam
schultern können. Das zeigt doch, wie unendlich weit wir in 75 Jahren gekommen
sind. Und das gibt mir Hoffnung für alles das, was noch vor uns liegen mag.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wir können wegen Corona nicht gemeinsam
erinnern, und keine Gedenkveranstaltungen abhalten. Aber nutzen wir doch die
Stille. Halten wir inne.

Ich bitte alle Deutschen: Gedenken Sie heute in Stille der Opfer des Krieges
und des Nationalsozialismus! Befragen Sie – ganz gleich, wo Ihre Wurzeln liegen
mögen – Ihre Erinnerungen, die Erinnerungen Ihrer Familien, die Geschichte
unseres gemeinsamen Landes! Bedenken Sie, was die Befreiung, was der 8. Mai für
Ihr Leben und Ihr Handeln bedeutet!

75 Jahre nach Kriegsende dürfen wir Deutsche für vieles dankbar sein. Aber
nichts von all dem Guten, das seither gewachsen ist, ist auf ewig gesichert.
Deshalb auch in diesem Sinn: Der 8. Mai war nicht das Ende der Befreiung –
Freiheit und Demokratie sind vielmehr sein bleibender Auftrag, unser Auftrag!

Zum 08. Mai 2020

Zum 75. Mal jährt sich der Tag des Kriegsendes und der Befreiung aus den mörderischen Fängen der Nationalsozialisten. Ein wirklich denkwürdiger Tag, der aufgrund des wachsenden Egoismus,  des zunehmenden Rassismus und besonders auch Antisemitismus, der Bereitschaft zu zunehmend roher Gewalt und vieler Freiheitsbeschränkungen in einigen Nachbarländern einer besonderen Stellung in unserer Gesellschaft bedarf. Es muss ein Tag der Erinnerungskultur sein. Aktueller denn je sind dazu die abschließenden Worte von Richard von Weizäcker in seiner Rede zum 40. Jahrestag eben dieses Ereignisses.

„Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Hass zu schüren.

Die Bitte an die … Menschen lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass:

  • gegen andere Menschen,
  • gegen Russen oder Amerikaner,
  • gegen Juden oder gegen Türken,
  • gegen Alternative oder gegen Konservative,
  • gegen Schwarz oder gegen Weiß.

Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.

Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.

Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.“

Richard von Weizäcker, Bundespräsident 1984-1994, am Ende seiner Ansprache am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag anlässlich des 40. Jahrestages der Beendigung des Krieges in Europa und der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Unser Bündnis hatte aus diesem Anlass am 09. Mai 2020 in der Innenstadt eine offene „Dorstener Lesung für Respekt und Toleranz“ geplant, die zzt. wegen der Einschränkungen noch nicht stattfinden kann. Wir hoffen aber, dass dies die erste Aktion von „Wir in Dorsten gegen rechts“ sein wird, wenn es weitere Lockerungen gibt. Ein Termin wird selbstverständlich rechtzeitig über die Homepage und den Newsletter bekannt gegeben.